Kommentar Prokon-Übernahme: Ein Symbol für die Energiewende
Für Energieversorger wie EnBW sind gestrauchelte Pioniere wie Prokon ein Ausweg. Denn lange haben sie das Thema erneuerbare Energien verschlafen.
S o ein Angebot gibt es nicht alle Tage: Da steht ein Paket mit gut 300 Windkraftanlagen zum Verkauf. Und das Beste daran: Sie sind bereits in Betrieb; man weiß also recht genau, wie viel Strom sie erzeugen, man kennt ihre Kostenstruktur. Die Risiken der Projektierung – man macht teure Wind- und Umweltgutachten und bekommt am Ende doch keine Genehmigung – gibt es nicht mehr.
Dass sich ein Unternehmen wie EnBW gern in ein solches gemachtes Nest setzt, liegt auf der Hand. Und womöglich haben auch andere große Spieler der Branche längst ihre Angebote eingereicht, verwundern würde es nicht. Denn für die etablierten Stromunternehmen sind solche gestrauchelten Pioniere ein willkommener Ausweg aus ihrer Misere: Jahrelang haben sie das Thema erneuerbare Energien verschlafen, haben stur auf Atomkraft und fossile Energien gesetzt – und brauchen nun dringend neue Standbeine. Immer wieder schlagen sie daher zu, wenn Ökostrom-Vorreiter in Schieflage geraten. So wie jüngst der rheinland-pfälzische Projektierer Juwi, den dann die Mannheimer MVV Energie AG mehrheitlich übernahm.
Einerseits ist es natürlich begrüßenswert, wenn Unternehmen der alten Energiewelt zunehmend den Wert der Erneuerbaren erkennen. Andererseits aber wächst die Gefahr, dass die Energiewende bald nicht mehr das Bürgerprojekt ist, als das sie begann, sondern nur noch ein schnödes Geschäftsmodell der Großen.
Und deswegen werden die Gläubiger von Prokon im Sommer eine Entscheidung treffen, die zugleich von hoher Symbolkraft ist für die deutsche Energiewende: Trauen sich die Bürger weiterhin zu, die Energiewende mit Bürgerunternehmen selbst zu gestalten? Oder kapitulieren sie, weil sie im Falle von Prokon in die falschen Hände gerieten? Es wäre bedauerlich.
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