Kommentar Praktiker-Insolvenz: Schuld ist der Schweinezyklus
Sparkurs und frisches Geld halfen nicht. Praktiker ist pleite. Bei der Baumarktkette wurden schwere Managementfehler begangen, die auch aus anderen Firmen bekannt sind.
D ie Gläubiger haben den Glauben verloren. Noch im letzten Jahr hatten Banken und Investoren frisches Geld für die Sanierung der Baumarktkette Praktiker bereitgestellt. Der Vorstand spielte das übliche Spiel: (Personal-) Kosten senken, Beteiligungen verkaufen, Verwaltung straffen, Rabattaktionen für die werte Kundschaft. Geholfen hat dieses Krisenbewältigungsprogramm ebenso wenig wie bei Schlecker oder Karstadt, den anderen Sorgenkindern in Deutschlands Konsumwelt.
Aber schuld sind nicht allein die Manager, die sich bei Praktiker jahrelang die Klinke in die Hand drückten, und ihre verfehlten Strategien. Da war zum einen der aus vielen Branchen vertraute „Schweinezyklus“.
In guten Zeiten wird im In- und Ausland expandiert, bis die Schwarte kracht; in schlechten Zeiten werden grunzend Schuldige für das eigentlich absehbare Debakel gesucht. Eine arme Sau trifft es dabei immer. Die heißt dieses Mal „Praktiker“ – weil sich immer mehr Baumärkte eine bestenfalls stagnierende Nachfrage teilen. Das geht in keinem Markt gut.
15.000 Menschen arbeiten laut Verdi für die Baumarktkette. Unter den Bedingungen eines 2012 geschlossenen Sanierungstarifvertrages haben sie auf viel Lohn verzichtet. Drei grundlegende Trends machen ihnen nun das Leben besonders schwer: Die sich ständig wandelnde Einkaufslandschaft – siehe Karstadt und das Ende vieler kleinerer Einzelhändler; und die schwache Binnennachfrage im Exportland Deutschland.
ist Autor der taz.
Überdies kriegte Praktiker („Hier spricht der Preis“, „20 Prozent auf alles“) wie zuvor Schlecker zu spüren, dass Geiz nicht geil ist und auch nie war. Billigheimer müssen nicht das letzte Wort haben. Das belegt ausgerechnet die Praktiker-Tochtergesellschaft Max Bahr, gewissermaßen der Edeka unter den Baumärkten.
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