Kommentar Polizisten beim KKK: Nur noch widerlich
Die NSU-Untersuchungen haben schon viel Unglaubliches ans Licht befördert. Dass zwei Polizisten beim Ku-Klux-Klan waren, muss Folgen haben.
S o geht das schon seit Wochen in den Untersuchungsausschüssen zum „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU): Wenn man denkt, jetzt kann es nicht mehr irrer werden, werden wieder neue, noch unglaublichere Details entdeckt.
Doch während etwa der Versuch, mithilfe eines Geisterbeschwörers mit den Mordopfern des NSU im Jenseits Kontakt aufzunehmen, bizarr, peinlich oder schlicht schwachsinnig war, ist die neueste Wendung nur noch widerlich und zutiefst beschämend für die deutschen Sicherheitsbehörden.
Nur zufällig kommt jetzt heraus, dass zwei schwäbische Polizisten aus dem Kollegenumfeld der von den NSU-Terroristen ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter Mitglieder bei einem Ableger des rassistischen Ku-Klux-Klan (KKK) waren. Sie seien dafür disziplinarrechtlich belangt worden, heißt es, aber nicht rausgeworfen worden.
ist Redakteur im Inlandsressort der taz.
Deutschland muss von der britischen Polizei lernen
Die Ermittler glauben zwar nicht, dass es tatsächlich Verbindungen zum Mord an Michèle Kiesewetter gibt. Dafür gebe es keinerlei Anhaltspunkte. Aber so recht beruhigen kann einen das nicht. Denn die Tatsache, dass deutsche Beamte mit ihrem Blut die Treue auf einen Geheimbund schworen, dessen Ziel „die Erhaltung der weißen Rasse in einem weißen Europa“ ist, bleibt ein Skandal sonder Gleichen. Und dass sie immer noch im Dienst sind, macht ihn noch größer.
Vom verlorengegangenen Vertrauen in die Sicherheitsbehörden, das man nun zurückzugewinnen wolle, war in den letzten Wochen immer wieder die Rede. Das wird fast unmöglich sein, wenn weitere Vorgänge wie dieser ans Licht kommen. Mit Sonntagsreden allein ist es jedenfalls nicht getan. Es muss etwas passieren.
Großbritannien hat in den 90er-Jahren nach einem Mord an dem schwarzen Teenager Stephen Lawrence, der nicht als rassistisch motivierte Tat erkannt worden war, eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von Ignoranz, Vorurteilen und Rassismus innerhalb der Polizei eingerichtet. Für viele hat sie mit ihren Empfehlungen einen entscheidenden Beitrag zur Modernisierung des Sicherheitsapparats in einer multikulturellen Gesellschaft geleistet.
Auch Deutschland braucht nun eine Lawrence-Kommission.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Abschiebungen syrischer Geflüchteter
Autokorsos und Abschiebefantasien
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Schwarz-Grün als Option nach der Wahl
Söder, sei still!
NGO über den Machtwechsel in Syrien
„Wir wissen nicht, was nach dem Diktator kommt“
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Unterstützerin von Gisèle Pelicot
„Für mich sind diese Männer keine Menschen mehr“