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Kommentar PolizeigewaltDie Unberührbaren

Gereon Asmuth
Kommentar von Gereon Asmuth

Anwendung von Gewalt gehört zu den legitimen Einsatzmitteln der Polizei. Aber gerade weil sie dieses Privileg genießt, bedarf es besonderer Kontrollregularien.

D ie deutsche Polizei wendet unverhältnismäßig Gewalt an. Sie misshandelt Personen. Und strafrechtliche Ermittlungen gegen Polizeigewalt sind mangelhaft. Das Ergebnis des Berichts, den die Menschrechtsorganisation Amnesty International am Donnerstag vorgestellt hat, könnte kaum härter ausfallen. Zwar listet der Bericht längst bekannte Extremfälle von Polizeigewalt aus den letzten Jahren auf, aber das verdeutlicht nur, wie groß der Handlungsbedarf ist. Und wie groß das Beharrungsvermögen der Polizei.

Dabei müsste vor allem die Polizei selbst ein Interesse an Aufklärung haben. Denn Anwendung von Gewalt gehört zu ihren legitimen Einsatzmitteln. Ohne Gewalt könnten die Beamten Kriminelle allenfalls höflich um Zurückhaltung bitten. Das ist offensichtlich lächerlich. Aber gerade weil die Polizei dieses Privileg genießt, bedarf es auch besonderer Kontrollregularien.

Amnesty International fordert die individuelle Kennzeichnung von Polizisten und die Einrichtung unabhängiger Untersuchungsmechanismen. Ersteres ist notwendig, um uniformierte Schläger zu identifizieren. Letzteres wäre eine überfällige vertrauensbildende Maßnahme. Solange nur Polizei wegen Polizeigewalt ermittelt, muss sich niemand wundern, dass viele Opfer sich nicht einmal trauen, Anzeige zu erstatten. Denn der viel kritisierte Korpsgeist beruht auf einem allzu menschlichen Bedürfnis nach Kollegialität. Und dem kann man nur mit klar getrennten Strukturen begegnen.

Zwar gibt es schon jetzt Ermittlungsverfahren gegen Polizisten, die nicht im Sand verlaufen. Das belegen zwei gerade beendete Prozesse gegen Berliner Beamte, die zu Haftstrafen verurteilt wurden. Solche Urteile aber sind absolute Ausnahmen.

Zudem verdeutlicht gerade der Prozess gegen zwei Bundespolizisten, die vietnamesische Zigarettenhändler drangsaliert und beraubt hatten, den Kern des Problems. Die Beamten hatten offenbar vollkommen darauf vertraut, dass ihnen niemand etwas anhaben kann - weil Opfern von Polizeigewalt sowieso erst mal nicht geglaubt wird.

Zum Glück sind solche Übergriffe die Ausnahme. Deutschland ist kein Polizeistaat. Aber es hat sich eine Struktur herausgebildet, die Straftäter in Uniform schützt. Dabei sollte in einem demokratischen Staat jedem Uniformierten klar sein, dass er sich zivilisiert benehmen muss.

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Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Bluesky:@gereonas.bsky.social Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de ex-Twitter: @gereonas Foto: Anke Phoebe Peters
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7 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • L
    LJW

    Ich bin über 60 Jahre alt und habe längst keine Auseinandersetzungen mit der Polizei mehr.

     

    Doch das, was ich von meinen Söhnen und von mir betreuten jungen Menschen über Polizeikontakte erfahre ist erschreckend und bestätigt das selbstgerechte Verhaltensmuster der deutschen Polizei, die mit Sicherheit nicht auf der Basis des Grundgesetzes agiert, sondern nur von ihrer eigenen Interventsionsmacht besoffen zu sein scheint, die sie schamlos ausnutzt.

     

    Es ist ja nicht so, dass man von einem Büttel allzuviel Denkfähigkeit oder Verantwortungsgefühl erwarten darf, doch sollte seine Macht begrenzt sein und er an einer kurzen Leine gehalten werden, was authoritätshörigen Charakteren nichts ausmachen dürfte.

     

    Doch das wird kaum passieren, ebensowenig wie man die Mördertrupps - genannt SEK oder gsg9 u.Ä. - weiter behalten wird, egal welchen Unsinn sie anrichten.

     

    Angeblich brauchen wir mehr Polizei und das trotz sinkender Kriminalität. Noch mehr paranoide Sicherheitsfetischisten, die nicht wirklich kontrolliert werden können und genau das bewirken was sie vorgeblich verhindern sollen?

     

    Das ist politisch gewollt und führt zum Polizeistaat, mit scheinbar demokratischer Legitimität.

     

    Das kann man bereits in USA und Israel bewundern, doch das konnten unsere Altvorderen (leider) besser.

  • WW
    Wilhelm Westerkamp

    Mal ein Artikel über Missbrauch durch Gewalt der

    Uniformierten, der Polizei. Ich weiß noch, als man

    den damaligen Außeminister Josef Fischer bezichtigte,

    in seinen "wilden Zeiten", sich gerne auch mit Poli-

    zisten zu prügeln, was auf einem Pressefoto zu sehen

    war. Im Bundestag mußte Fischer, der peinlichen Frage

    eines Abgeordneten Rede und Antwort stehen, wohin er denn die Steine geworfen habe.Fischer meinte mit einem kurzen Grinsen "in die Luft". Also auch ein prominenter Politiker wie Fischer, hatte Schwierigkeiten mit der Polizei bzw. der Justiz. Man kann eben vieles gegen die Polizei unternehemen- auch mit Gewalt- nur man sollte sich nicht erwischen lassen, denn strafrechtliche Konsenquenzen drohen dann. Ich persönlich habe mich bisher noch nie mit der Polizei geprügelt, kann aber jeden Verstehen, der

    das tun möchte, beispielsweise bei einer Demo. Nur:

    Gewalt erzeugt Gegengewalt und so kann es sein, wenn

    man sich mit der Polizei ein Gefecht liefert, selbst

    ordendlich von der Polizei vermöbelt zu werden.

    Deshalb sollte man sich als Bürger der BRD ganz ge-

    nau überlegegen, ob man sich mit der Staatsgewalt

    anlegt oder besser diplomatisch bleibt.

  • AD
    Andreas Dmytrowicz

    Die Überschrift ist voll inhaltlich zu bestätigen. Wir haben amerikanische Verhältnisse.Die Exzesse auf Schläger zu reduzieren läge allerdings neben der Sache. Es geht auch um Straftaten wie Begünstigung, Rechtsbeugung, Strafvereitelung im Amt, oder sonstige Amtsdelikte, neben uferlosen Kompetenzüberschreitungen und weiterem.

     

    Die angegebenen zwei Urteile haben denn auch eher reinen Alibicharakter. Aus eigenen Erfahrungen kann ich zureichend bestätigen: Polizei, Justiz, Politik, arbeiten Hand in Hand. Mehrere Dutzend Strafanträge über viele Jahre sind einfach gar nicht verfolgt worden. Entweder supekt und bezuglos eingestellt, oder auch gar nicht beschieden. 2000 wurde ich Opfer eines Wohungsüberfalles,erklärte Tötungsabsicht, schwer verletzt, die unverletzten Täter wurden hofiert, ich aber sollte verhaftet werden. Meine geraubte Pistole wurde den Tätern belassen (Tatsache!). Über Jahre meine Aufforderungen zur Strafverfolgung (Verfolgungszwang) auch an die Generalstattsanwältin Uhlig van Buhren, blieben unbeachtet. Letztlich war die Verjährung herbeigeführt. Akteneinsichten blieben verweigert, sogar noch mit Beginn des Zivilprozesses. Dann wurden allerdings fragwürdige "Zusatzberichte" vorgelegt, welche die Anschuldigungen

    "beantworteten." Wie der Prozess ausging wird sich jeder denken können. "Hätte, könnte, nicht zu verneinen .. wenn nicht zufällig die Verjährung eingetreten sei." Basta!

    Berufung zweizeilig angebügelt,

    Nichtzulassungsbeschwerde dito. Verfassungsbeschwerde erst gar nicht angenommen.

     

    2008: Hausdurchsuchung, nach meinem Strafantrag, nun ich als - vorgeblicher - Täter. Natürlich rechtswidrig von vorne bis hinten.

     

    2009: Stoßstange, Grill von PKW abgerissen. Beamte betätigen sich als Autoschrauber, gegen meinen ausdrücklichen Willen dies zu unterlassen. Teile werden eingehängt, anderes weggeschoben. So maninpiliert verändert Fotos gemacht, begleitet von exessiven Entgleisungen, Beschuldigung Versicherungsbetrug. Mein Hinweis auf Strafvereitelung wurde entsprechend bedacht. Strafantrag gegen die Beamten nicht beschieden, Akteneinsicht verweigert. So ließe es sich fortsetzen!!

     

    Grundgesetz, rechtliche bindende Vorgaben, andere

    rechtliche Bestimmungen, betrachten Polizei und Justiz als gegenstandslos.

     

    Aus (sicher nicht nur) meiner Sicht, könnte man die Polizei im Kontext krimineller Vereinigungen sehen, jedenfalls nicht im Ansatz dem ihrer Aufgabe.

     

    Insoweit halte ich, als Insider, die Ausführung als gewagt "solche Übergriffe seien die Ausnahme. Deutschland ist kein Polizeistaat." Mitnichten.

     

    Auf der anderen Seite pangern selbst bekannte Moderatoren (beispielsweise Stefan Heller, Marcel Becker) fast predigend die Unsicherheit Hamburgs an.

    Wenn selbst diese sich kaum noch trauen Bahn zu fahren, muß man doch spätestens nachdenklich und wach werden.

  • V
    vantast

    Die Polizeiführung/Politik macht einen Fehler, wenn sie sich mit den prügelnden Beamten gegen deren natürlichen Feind, den protestierenden Bürger, solidarisiert und vor Strafverfolgung schützt.

    Das Ergebnis ist, daß Polizei als Büttel (Prügel) des Staates wahrgenommen wird. Aber dann soll man sich auch nicht wundern, wenn Leute Beifall klatschen, wenn Polizisten angegriffen, verprügelt werden.

  • C
    Christoph

    Schaden, dass in dem Kommentar die Verallgemeinerung Einzug gehalten hat. "Die Polizei" wendet sicherlich nicht unverhältnismäßig Gewalt an. Sonst wäre der Bericht von ai anders ausgefallen. Leider kommen immer wieder einzelne Gewaltexzesse zum Vorschein, die mit nichts zu rechtfertigen sind. Dies ist für das Ansehen der Polizei nicht gut, dürfen aber auch nicht dazu führen, dass die ganze Polizei unter Generalverdacht gestellt wird. Die allermeisten Kolleginnen und Kollegen verrichten ihre schwierige Arbeit mit einem hohen Maß an Professionalität und setzten das staatliche Gewaltmonopol mit großem taktischem Feingefühl ein. Vielleicht sind die hohen Einstellungszahlen der tatbestandsmäßigen Körperverletzungen durch Polizeibeamte auch ein Ausdruck von der rechtsstaatlichen Anwendung von unmittelbarem Zwang?

    Es verbietet sich alle Polizisten als brutale Schläger darzustellen, wie auch eine generelle Unschuldsvermutung bei Taten durch die Polizei zu unterstellen. Jeder Fall sollte mit der gehörigen Neutralität behandelt werden, sowohl von der Presse, als auch von Seiten der ermittelnden Polizeibeamte. Dass dies in machen Situationen schwierig ist, ist nur allzu Menschlich. Aber da ich das Gute im Menschen sehen, bin ich der Meinung, dass auf allen Ebenen Menschen vorhanden sind, die sich um Objektivität bemühen und dies auch schaffen. Somit habe ich auch die Hoffnung, dass die Polizei auch in der taz den ein oder anderen neutralen, "positiven" Artikel und Kommentar bekommen wird.

  • R
    reblek

    Gemeinhin wird der Polizeiübergriff als Problem bezeichnet. Tatsächlich ist es aber der Polizeigriff, denn diejenigen, die ihn anwenden, denken nur an ihre "Aufgabe", nicht aber daran, dass sie damit in die Rechte eines anderen eingreifen - sei er schuldig oder nicht.

  • AD
    Andreas Dmytrowicz

    Die Überschrift ist vollinhaltlich zu bestätigen. Wir haben amikanische Verhältnisse. Die Exzesse auf Schläger zu reduzieren läge allerdings neben der Sache. Es geht auch um Straftraten wie Begünstigung, Rechtsbeugung, Strafvereitelung im Amt, oder sonstige Amtsdelikte, neben uferlosen Kompetenzüberschreitungen und weiterem.

     

    Die angegebenen zwei Urteile haben denn auch eher reinen Alibicharakter. Aus eigener Erfahrung kann ich zureichend bestätigen: Polizei, Justiz, Politik, arbeiten Hand in Hand. Mehrere Dutzend Strafanträge über viele Jahre sind einfach gar nicht verfolgt worden. Entweder supekt und bezuglos eingestellt, oder auch gar nicht beschieden. 2000 wurde ich Opfer eines Wohnungsüberfalles, schwer verletzt, die unverletzten Täter wurden hofiert, ich aber sollte verhaftet werden. Meine geraubte Pistole wurde den Tätern belassen (Tatsache!). Über Jahre meine Aufforderungen zur Strafverfolgung, auch an die Generalstaatsanwältin Uhlig van Buhren, blieben unbeachtet. Letztlich war die Verjährung herbeigeführt. Akteneinsichten blieben verweigert, sogar noch mit Beginn des Zivilprozesses. Wie der ausging wird sich jeder denken können. "Hätte, könnte, nicht zu verneinen .. wenn nicht zufällig die Verjährung eingetreten sei." Basta! Berufung zweizeilig abgebügelt, Nichtzulassungsbeschwerde dito. Verfassungsbeschwerde erst gar nicht angenommen.

     

    2008 - Hausdurchsuchung nach meinem Strafantrag!! Natürlich rechtswidrig von vorne bis hinten.

     

    Grundgesetz, rechtlich bindende Vorgaben, andere rechtliche Bestimmungen, betrachten Polizei und Justiz als gegenstandlos.

     

    Aus (sicher nicht nur) meiner Sicht, könnte man die Polizei im Kontext krimineller Vereingung sehen, jedenfalls nicht im Ansatz dem ihrer Aufgabe.

     

    Insoweit halte ich, als Insider, die Ausführung als gewagt, "solche Übergriffe seien die Ausnahme. Deutschland ist kein Polizeistaat." Mitnichten.

     

    Auf der anderen Seite prangern selbst bekannte Journalisten (beispielsweise Stephan Heller, Marcel Becker) fast pedigend die Unsicherheit Hamburgs an. Wenn selbst diese sich kaum noch trauen Bahn zu fahren, muß man doch spätestens nachdenklich und wach werden.