Kommentar Pofallas Wechsel zur Bahn: Ein exquisit dotiertes Dankeschön

Der nächste Karriereschritt des Ex-Kanzleramtschefs ist nicht nur eine Frage des Anstandes. Es fehlt eine Regelung für wechselwillige Spitzenpolitiker.

Ab in den Vorstand: Roland Pofalla hat einen perfekten Jobplan. Bild: dpa

Man mag geteilter Meinung darüber sein, ob Politikerinnen und Politiker etwas in Vorständen großer Konzerne zu suchen haben. Die Idee, dass sie sich zutrauen, nach der Politik noch etwas anderes anzufangen, ist charmant. Niemand kann ein Interesse daran haben, dass Parlamentarier ihre Zukunft ausschließlich im Bundestag sehen. Dennoch, im Fall von Ronald Pofalla, von dem es heißt, er wechsele vom Kanzleramt in den Bahn-Vorstand, sähe der neue Job nach einem exquisit dotierten Dankeschön aus.

Der Fall hat mehrere Facetten. Da wäre zum einen die Frage des Anstands. Als 2005 Exkanzler Gerhard Schröder kurz nach seinem Rücktritt zum russischen Gazprom-Konzern wechselte, verurteilte der CDU-Mann Pofalla dies scharf. Er sprach damals von „zerstörtem Vertrauen“ und forderte „Karenzzeiten“ für wechselwillige Politiker, denen es an politischem Anstand mangele.

Eine andere Frage ist die, ob Ronald Pofalla sein Bundestagsmandat abgeben müsste, sollte er zur Bahn wechseln. Und ja, das sollte er – schon um das Ansehen seiner ParlamentskollegInnen zu schützen. Denn wie ernst zu nehmen wären die Klagen von Abgeordneten, die unter der Last ihrer Siebzigstundenwochen ächzen? Könnte so jemand quasi nebenbei noch für 300.000 Mitarbeiter Entscheidungen treffen?

Die dritte Frage ist die nach dem Zeitpunkt. Mag sein, Ronald Pofalla wollte erst im zweiten Halbjahr 2014 seinen neuen Job antreten. Ein kurzes mediales Aufflackern – das wäre es an Aufmerksamkeit für diese Personalie gewesen.

Aber offenbar haben andere ein Interesse daran gehabt, das Gerücht durchsickern zu lassen. So funktioniert nun mal das politische Geschäft. Die Frage ist, seit wann Pofalla selbst von seinem bevorstehenden Wechsel gewusst haben mag. Der Mann war immerhin Chef von Merkels Kanzleramt.

Lobbyismus greift immer mehr um sich in der parlamentarischen Demokratie. Dass die neue Bundesregierung daran etwas ändern wird, ist nicht anzunehmen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD findet sich lediglich eine allgemeine Absichtsbekundung, man strebe für wechselwillige Spitzenpolitiker eine „angemessene“ Regelung an.

Angemessen wäre etwas ganz anderes: ein Gesetzgebungsverfahren, das die Bedingungen für Politiker klar regelt. Damit hätten alle mehr Klarheit.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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