Kommentar Piratenpartei: Glaubenssache Jörg Tauss
Der PR-Effekt ist zwiespältig, solange Tauss Engagement gegen Zensur und Überwachung als Engagement in eigener Sache verstanden werden könnte.
D ass Jörg Tauss die SPD verlässt und zur Piratenpartei wechseln will, ist konsequent. Nicht weil die SPD-Fraktion für Internetsperren stimmte und die Piraten dagegen sind. Dazu hat der Politiker in den Jahren seiner SPD-Mitgliedschaft zu viele Kröten geschluckt. Doch Tauss hatte zuletzt in der SPD keine Heimat mehr, er wurde wegen der gegen ihn gerichteten Kinderpornoermittlungen öffentlich geschnitten und gemobbt.
Christian Rath ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.
Ist es aber auch klug von den Piraten, den abtrünnigen SPD-Mann aufzunehmen? Natürlich bekäme die Partei, die sich für Bürgerrechte und eine freies Internet einsetzt, durch ihren ersten Abgeordneten einen neuen Bekanntheitsschub. Andererseits ist der PR-Effekt zwiespältig, solange Tauss Engagement gegen Zensur und Überwachung als Engagement in eigener Sache verstanden werden könnte.
Natürlich gilt auch für Tauss die Unschuldsvermutung, solange er nicht rechtskräftig verurteilt ist. Politisch hilft das aber nicht weiter, denn die Unschuldsvermutung gilt ja selbst bei einem erdrückenden Verdacht. Die Piratenpartei muss deshalb überlegen, wie plausibel Tauss Erklärung ist, er wollte nur die Vertriebswege von Kinderpornografie erforschen und dabei noch einen Kinderpornoring enttarnen.
Gegen Tauss spricht, dass er keine Mitarbeiter und Freunde in das Vorhaben eingeweiht hat. So viel Geheimhaltung war unnötig. Andererseits hat Tauss, obwohl er weiß, wie man anonym und verschlüsselt kommuniziert, so viele Datenspuren hinterlassen, dass man doch an naiv-unbekümmerte Privatermittlungen glauben könnte.
Gut möglich, dass auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft keine Gewissheit bringen. Dann bleibt es auf Dauer eine Glaubenssache, wie man zu Tauss steht. Die Piraten gehen mit Tauss also ein Risiko ein - ob es ein Fehler war, wird sich später zeigen.
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