Kommentar Pflegereform: Pflege für die Falschen
Die Pflegereform von Bahr läuft auf eine Subvention privater Unternehmen hinaus. Chronisch Kranke, Arme und Alte bleiben außen vor.
S teuerliche Subventionen sind selten sozial gerecht. Von der Pendlerpauschale profitieren nur diejenigen, die überhaupt Arbeit haben und sich ein Auto leisten können. Insofern könnte man glatt auf die Idee kommen, die Idee von FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr zu verteidigen, private Pflegezusatzversicherungen zu subventionieren.
Wer freiwillig und zusätzlich zur Pflichtversicherung für den eigenen Pflegefall vorsorgt, der trägt immerhin dazu bei, Kosten, die ansonsten im Zweifel von den Angehörigen oder von der Sozialhilfe bezahlt werden müssten, zu dämpfen. Muss man es da nicht für hinnehmbar halten, dass eben nicht alle Versicherte in den Genuss einer solchen Versicherung kommen können?
Nein, man muss nicht. Denn die staatliche Pflege-Förderung ist nicht nur in höchstem Maße ungerecht, sie ist möglicherweise sogar verfassungswidrig. Sie greift ausgerechnet für diejenige Gruppe nicht, die sie am nötigsten hätte und für die der Staat eine besondere Fürsorgepflicht hat: Menschen mit dem statistisch höchsten Pflege- und Bedürftigkeitsrisiko. Chronisch Kranke, Arme und Alte also.
Und das ist nicht alles. Die Gesunden, Reichen und Jungen, diejenigen Menschen mit geringem Pflegerisiko also, die von den privaten Versicherern mit Kusshand genommen werden dürften, werden ihre eingezahlten Beiträge vielleicht überhaupt nicht wiedersehen. Denn ausgezahlt wird nur im Pflegefall. Derzeit aber werden, allen Horrorzahlen künftiger Demenz zum Trotz, nur 20 Prozent einer Alterskohorte pflegebedürftig.
Der Pflegereform von Bahr ist nichts anderes als ein Subventionsprogramm für private Unternehmen. Das aber sollten sich Steuerzahler und Finanzminister nicht bieten lassen.
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