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Kommentar Perspektiven der SPDKongress statt Zukunft

Anja Maier
Kommentar von Anja Maier

Der Zukunftskongress der SPD beginnt am Freitag. Es soll der Auftakt ins Wahljahr sein. Mit ihren Kanzlerkandidaten zeigt sie jedoch besser, wo sie steht.

A n diesem Freitag beginnt der Zukunftskongress der SPD-Fraktion. Die Veranstaltung in Berlin soll den Auftakt zum Wahljahr darstellen; sie soll Orientierung bieten für die kommenden zwölf Monate. Doch obwohl sich auf den Podien und in sämtlichen Reden alles um das Wort Zukunft dreht, erscheint derzeit kaum eine Partei so der Vergangenheit verhaftet wie die SPD.

Festmachen lässt sich dieser Befund an den drei potenziellen Kanzlerkandidaten. Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück sind Protagonisten der Agenda 2010.

Während Fraktionschef Steinmeier die SPD zuletzt 2009 zu einem desaströsen 23-Prozent-Ergebnis geführt hat, ist Steinbrück noch gut als deregulierender Finanzminister unter Merkel präsent. Und Parteichef Sigmar Gabriel ist gerade dabei, es sich in der Rentenfrage mit den Gewerkschaften zu verderben. Das Personaltableau der Sozialdemokraten besteht aus mittelalten, westdeutsch sozialisierten und vom politischen Wollen und Sein her irritierend ähnlichen Männern. Hat die Partei nichts anderes zu bieten? Vielleicht sogar – Frauen?

Bild: taz
Anja Maier

ist Redakteurin im Parlamentsbüro der taz.

Doch. Seit 1988 gilt bei den Sozialdemokraten eine 40-Prozent-Quote für Ämter und Mandate. Dennoch stehen im Jahr 2012 wieder nur drei Männer zur Debatte. Das ist nicht nur bedenkenswert hinsichtlich des Wählerinnenverhaltens in zwölf Monaten. Es wirft auch ein Licht auf die parteiinterne Kultur. Denn auch wenn immer wieder versichert wird, man wolle ja Frauen in Spitzenpositionen, aber die wollten unverständlicherweise nicht in die Verantwortung – letztlich zählt nur das Ergebnis.

Eine Frau, die es reißen könnte, wäre Hannelore Kraft. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin steht für eine moderne, auch pragmatische Politik. Sie wäre eine starke Merkel-Herausforderin. Aber sie bleibt in NRW. Vorerst. Wenn 2017 wieder Wahlen sind, wird die SPD nicht mehr an dieser Kandidatin vorbeikommen.

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Anja Maier
Korrespondentin Parlamentsbüro
1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.
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10 Kommentare

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  • D
    Demokratin

    Die SPD ist heute in ihrer Mitgliederzusammensetzung eine Restpartei der gehobenen Mitte, angesiedelt im Staatsapparat. Sie ist nicht fähig, demokratische Zukunftsszenarien , außer zu ihrem eigenen Machterhalt, für alle Bürgen zu entwickeln. Sie ist auch keine Volkspartei mehr, da sie bei Wahlen, wo nur noch ca. 50+x% der Bevölkerung wählen gehen, ca. 10+x% der Bevölkerung sie wählen.

     

    Auf Basis der soziodemographischen Einkommensgruppen (DIW) und eigenen Aussagen (bpb)

    repräsentieren ihre Mitglieder sich wie folgt vs.gesamt-HH BRD (2007):

    1 % Oberschicht vs. 4,7% HH-BRD,

    22% obere Mittelschicht vs.17,6%,

    47% mittlere Mittelschicht vs.16,1%,

    12% untere Mittelschicht vs.25,2%,

    1% Unterschicht vs.36,0%.

     

    Von den 271.000 erwerbstätigen SPD-Mitgliedern (2007) sind (unterstellt man 134 Tsd. öffentliche oder nahe stehende Einrichtungen des Staates) bei parteipolitischem Leitungsproporz ca. 98 Tsd. (jedes 2,8-te Mitglied) in leitender Funktion im öffentlichen Dienst bzw. 59 Tsd.(jedes 4,6-te Mitglied; unterstellt man einer aktuellen österreichischen Studie zufolge die parteipolitische Leitungsrepräsentanz bei öffentlichen Institutionen von 60%).

     

    Welche Denkfabriken hat die SPD aufzuweisen, bzw. auf welche greift sie zurück? Es sind die staatlichen Statistiken und die Friedich-Ebert-Stiftung (ca. 600 Leute), bzw. die EU-Entsprechungen hierzu. Nachdem Schröder die Privatstiftungsgesetzgebung liberalisiert hatte, steht den wenigen staatlichen Denkfabriken heute eine Unmasse an Privatstiftungen der oberen Zehntausend gegenüber, die das Nachdenken über die Zukunft unseres Landes übernommen haben mit dem Ziel, die Masse der Bürger in Feudalstrukturen zurück zu katapultieren. War das seitens der SPD-Führung beabsichtigt? Ich denke ja. Die SPD ist heute nicht die Partei, die eine demokratische Gesellschaft fortentwickeln, geschweige aufrecht erhalten kann.

  • W
    Wunderlich

    Mir ist schleierhaft, dass sich solch hohle Nüsse überhaupt noch in der Öffentlichkeit zeigen.Die wissen genau, dass sie nichts tun können und auch nichts mehr tun wollen. Vielleicht noch ein bisschen Kosmetik machen-, was aber keinem Rentner und auch keinem Arbeiter hilft. Schlussendlich bleibt alles beim alten. In jedem Jahr vor Wahlkampf stets das gleiche Spektakel.Der "blöde Wähler" macht sein Kreuzchen und wird dann für weitere 4-Jahre beschissen.

  • S
    Synoptiker

    Die SPD und ihre Frauen aus der 2. Reihe, Mischelle Müntefering, Doris Schröder Köpf zeigen, wo diese Partei steht: Filz und Agenda 2010 in Neuauflage, dazu die Troika, alle fest in den Schandtaten von Rot-Grün verankert! wie will diese Partei unsere Zukunft gestalten. Dann schon lieber gleich Die Linke!

     

    Der Beitrag von Anja Maier findet meine Zustimmung!

  • P
    Peter

    Zum Totlachen

    Früher konnte man Steinmeier, Schröder und Merkel in ihrer Prosodie und Klang ihrer Worte nicht auseinander halten.

    Heute, Sonnabend 15.9.2012 ca. 17:15Uhr in Phoenix Zukunftsdebatte 2020, eine Rede von Steinmeier.

    Es ist nicht zu glauben wie er die Genossen veräppelt.

    Er sprach am Anfang gezielt wie Willy Brandt, mit sämtlicher Intonation und diesem speziell nasalem.

    Könnte mich totlachen, über diesen Papagei.

    Zumal sein schmutziges Papier 2020 ob mit oder ohne "Deutschland-Plan Vollbeschäftigung" das wir mit paar Leuten schon vor Jahren zerlegten, versucht er im Stream von Münte, Sarrazin und Konsorten weiter zu führen.

    Er lügt das die Schwarte kracht und merkt nicht welchen faschistoiden Weg er erzählt. Vor allem versteckt sich Steinmeier hinter dem "Wir".

     

    Der SPD läuft die Basis weg, Franziska Drohsel beispielhaft. Das ist vollkommen richtig.

    Denn wer glaubt ausser Steinmeier an Vollbeschäftigung und den 1. Arbeitsmarkt?

    Wer entfernt den Lügner?

     

    Die Hamburger SPD arbeitet vor, sie machen innerhalb der Schwerbehinderten eine neue Klasse, die "hochmotivierten Schwerbehinderten" spielbar.

    Damit "Vollbeschäftigung" möglich ist?

  • L
    Lobo

    Was will man mit diesem Zeugs SPD? Das "Lobbykratentum" hat den Rest Geist getötet, den sie nach Brandt noch hatten.Schon die RAF hat das gemerkt. Und diese Troika nach dem Prinzip, blöd reden,nichts machen-, weitermachen, was macht das für einen Sinn die zu wählen?-, außerdem wird es ohnehin wieder eine große Koalition geben. Das heißt Stillstand-, was sonst? Außerdem machen die sowieso nichts mehr,weil der Reichstag von Lobbyisten unterwandert ist, die letztendlich den Gang der Politik bestimmen. Es ist also zwecklos-jedenfalls für die nicht zur Oligarchie gehörenden- überhaupt noch zu wählen, da hier die "Lobbyisten-Marschälle" regieren.

  • M
    mick

    also ehrlich wer will die denn noch wählen? Eine Rückratslosepartei die immer nur der SED respektive Linkspartei hinterherhechelt? Die Vergessen hat das Geld das ausgegeben werden soll, erstmal verdient werden muss? Die Politisch so nichtssagen ist wie sonstwas? An der Linkspartei kann man sich zumindest reiben bei der SPD nur noch die Augen. Wann wird endlich der Kampf gegen die Linksradikalen eröffent, und der Schmusekurs beerdigt der seit Höppner die SPD immer mehr in die defensive gedrängt hat?

  • C
    Celsus

    Ein interessanter Artikel und ich denke, dass dann auch über die Ergenisse des Zukunftskongresses berichtet wird. Für die zukunft der SPD erhoffe ich, dass die sich bewusst machen, was sie für die Allgemeinheit tun können und wie sie das selbstbewusst und zielsicher durchsetzen.

     

    Momentan gibt die SPD ja ein desolates Bild ab. Ich sehe den Skandal rund um den Rechtsextremismus. Hat die SPD sich je von der unsinnigen Meinung der CDU abgesetzt, von rechts gehe keine Gefahr aus? Morde, Kampfgruppen, Unterwanderung der Jungendarbeit, ... alles war ganz harmlos? Wann gab es ein Konzept den Ausstieg aus dem Rechtsextremismus mit Wort und Tat zu unterstützen? Vereine wie EXIT und die Arbeit der Antifa nicht zu diskreditieren?

     

    Der ESM konnte vor der Entscheidung des ESM unbegrenzt Gelder über 190 Mrd. € hinaus aus Deutschland nachfordern. Hat die SPD jemals diese Gefahr auch nur ansatzweise thematisiert oder nicht vielmehr einer CDU-Vorlage total blind zugestimmt?

     

    Mit dem Sozialabbau (agenda 2010) hat die SPD eine Gegenfinanzierung für die Senkung des Spitzensteuersatzes gefunden und hoffte damit auch konservatives Wahlvolk an sich zu binden.

     

    In der Auswirkung ist es allerdings an allen Ecken und Ende eine Meinungsführerschaft der Unionsparteien geworden. Braucht es eine solche SPD als eigenständige Partei? Verschaffen die damit nich tnur noch zweitklassigem Führungspersonal der Partei Pfründen?

  • A
    aurorua

    "Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück sind Protagonisten der Agenda 2010. "

    Unwählbare neoliberale Arbeiterverräter und Verräter der deutschen Sozialdemokratie!

  • H
    Hafize

    Früher war die SPD eine inhaltliche Partei, die ein Fundament hatte. Ich muss mir nur die Sarrazin-Problematik ansehen, dann kann ich erkennen, heute hat die SPD sogar Angst, so einen Menschen rauszuwerfen. Sie haben Angst, dass ihre drei bis fünf Prozent rechtsdenkenden Mitglieder dann die Partei verlassen. Sie haben viel Angst, aber keinen Mut. Und viele ihrer ehemaligen Erfolgsprojekte haben sich als Flops entpuppt und sorgen für neue Diskussionen: Riester-Rente, Hartz-IV oder die Terror-Paragraphen von Otto Schily. Insofern: Drei inhaltlich identische Kandidaten versuchen ihr Glück - ein echter Sieg muss jahrelang in Debatten erarbeitet werden. Die Partei spekuliert heute einfach auf Sieg, weil sie den Rest nicht mehr schaffen, jedenfall nicht alleine und aus eigener Kraft.

  • O
    Oli

    Wenn man sich SPD-Parteitage und den Habitus der Delegierten und Prominenten ansieht, dann erkennt man, dass die Partei immer noch glaubt, sie hätte das Zeug zur Hegemonie. Das ist aber nicht zutreffend. Die letzten Jahre war die SPD wieder für die Macht im Gespräch, weil die Grünen sehr stark waren.