Kommentar Pauli: Geschöpfe Gottes
Politische Veränderungen müssen innerhalb der CSU stattfinden. Und deshalb macht Paulis Programm Sinn. Ein wenig, jedenfalls. Beckstein, Stoiber und Co müssen ihren Hippie ertragen.
B ayern ist ein Sonderfall. Das muss man bedenken, wenn man über Paulis Parteiprogramm spricht. Auch wird man der Sache nicht gerecht, wenn man, wie der scheidende Ministerpräsident Stoiber, ihre Vorschläge als "abstruse Hippie-Meinung" abtut.
Schließlich gibt es in Bayern ja nicht nur bierdimpflige Machtmenschen mit unehelichen Kindern. Ein Großteil der bayerischen Bevölkerung stoibert nicht durch die Gegend, sondern ist geprägt von tiefen spirituellen Bedürfnissen. Diese Menschen möchte Gabriele Pauli erreichen. Sie möchte ihnen wieder Mut machen:
"Der Mensch ist ein Geschöpf Gottes und trägt alle göttliche Kraft in sich. Jeder." So steht es in ihrem Programm. Dem muss man natürlich zustimmen, wenn man nicht gerade knochentrockener Materialist ist. Und da man schon mal dabei ist, sich mit metaphysischen Grenzfragen auseinanderzusetzen, sollte man sich auch Gedanken machen über Liebe, Glück und das Ganze überhaupt.
"Ziel von Politik ist, einen Teil zum Glück der Menschen beizutragen. Das ist mit Geld allein nicht getan. Die 'Seelsorge' ist für jeden wichtig, um glücklich zu sein. Jeder kann persönliches Glück und Anerkennung in sich selbst finden. Politiker können den Weg dahin aufzeigen, indem sie die Menschen nicht nur materiell bedienen."
Die Menschen in Bayern brauchen nämlich nicht den Transrapid, der sie fünf, äh zehn, äh auch egal Minuten vom Hauptbahnhof zum Flughafen bringt. Sie brauchen Gefühl und Wärme!
Außer Esoterik geht es in dem Programm auch um handfeste Forderungen wie die Begrenzung von hohen politischen Ämtern auf zwei Wahlperioden, Direktwahl des Ministerpräsidenten und natürlich die berühmte Ehe auf sieben Jahren. Letztere Idee, bekannte Pauli am Freitag ganz offen, habe sie bei einem Kabarettisten abgeschaut.
Angenommen Sarah Wagenknecht würde sich um den Vorsitz der Linke mit folgenden Vorschlägen bewerben: Verlängerung des ISAF-Mandats in Afghanistan, Hartz V und Bundeswehreinsatz im Inneren. Dann würde ihr die Altsozialisten wohl den Austritt nahe legen. In Bayern aber ist das anders.
Politische Veränderungen müssen innerhalb der CSU stattfinden. Der Kabarettist Gerhard Polt brachte es mit folgendem Satz auf dem Punkt: "Wir in Bayern brauchen keine Opposition, weil wir sind schon demokratisch." Vielleicht hat sich Gabriele Pauli ganzheitlich von Kabarettisten inspirieren lassen. Und ganz ehrlich: Es gäbe Schlimmeres.
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