Kommentar Pakistan: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich
Keine Träne für den pakistanischen Premier Gilani. Doch seine Absetzung durch das oberste Gericht hat nichts mit Demokratie, sondern mit internen Machtkämpfen zu tun.
A ls hätte Pakistan nicht schon genug Probleme. Jetzt hat sein Oberstes Gericht Premierminister Yousuf Raza Gilani für „amtsunfähig“ und damit für abgesetzt erklärt. Damit dürfte der Druck auf ihn steigen, wirklich zurückzutreten.
Auf jeden Fall wächst die politische Unsicherheit in dem von Wirtschafts- und Energiekrise sowie religiöser Gewalt gebeutelten Land weiter. Das nutzt den neben religiösen Extremisten auch dem ohnehin mächtigen Militär.
Gilani war schon im April wegen Missachtung des Gerichts verurteilt worden. In dem Verfahren geht es weniger um Gilani selbst als vielmehr um einen Machtkampf zwischen Präsident Asif Ali Zardari und dem Obersten Richter Iftikhar Chaudhry sowie dem mächtigen Militär. Gilani ist Zardaris rechte Hand und hat diesen bisher vor der Wiederaufnahme eines Korruptionsverfahrens geschützt. Mit Gilanis Sturz droht auch Zardaris Amtszeit das Ende.
ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
Mit dem zum populistischen Politiker mutierten Ex-Cricket-Star Imran Khan steht ein neuer Hoffnungsträger bereit. Doch ist zweifelhaft, ob er Pakistan wirklich voranbringen kann, selbst wenn er zur Entmachtung der beiden traditionell rivalisierenden Parteien PPP (Zardari) und Muslim Liga (Nawaz Scharif) samt ihrer feudalen Führer beitragen könnte. Aber der amtsunerfahrene Khan wird auffällig vom politisch diskreditierten Militär gestützt, das ihn zu seiner Marionette machen könnte.
Pakistan fehlt weiterhin eine demokratische Basisbewegung. Waren vor wenigen Jahren noch Richter und Anwälte die Hoffnungsträger, so haben sich diese inzwischen zu sehr vor die Karren parteipolitischer Interessen spannen lassen und so an Glaubwürdigkeit verloren. Gilani und Zardari sollte keine Träne nachgeweint werden. Aber Grund zur Hoffnung gibt es auch noch nicht.
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