Kommentar Österreich nach der Wahl: Eine schlechte Tradition
Anders als in Deutschland oder anderen europäischen Staaten sind die Rechten auch für eine Reihe von demokratischen Politikern koalitionsfähig.
sterreich ist kein Land der Rechtsextremisten. Wählerstromanalysen zeigen, dass Proteststimmen genauso von den Kommunisten zur FPÖ wandern können wie umgekehrt. Und den meisten Zulauf erhielt Heinz Christian Strache in den proletarischen Bezirken Wiens, wo die klassische Klientel der SPÖ zu Hause ist.
Ralf Leonhard ist taz-Korrespondent für Österreich.
Zwar würden die 29 Prozent, die Sonntag ihr Kreuz bei FPÖ (18) oder BZÖ (11) machten, mehrheitlich wohl keine Inder durch die Straßen jagen oder beim Sonnwendfeuer den Arm zum Hitlergruß heben. Beim harten Kern der Rechtsparteien sieht das aber anders aus. Und anders als in Deutschland oder anderen europäischen Staaten wird dieser nicht in politischer Quarantäne gehalten. Er gilt sogar als brauchbarer Koalitionspartner. Zumindest bei der ÖVP und einem kleinen Flügel der SPÖ.
Schon Bruno Kreisky, SPÖ, konnte seine lange Periode sozialdemokratischer Reformarbeit nur dadurch einleiten, dass er 1970 eine Minderheitsregierung von der FPÖ tolerieren ließ. Kreiskys Nachfolger Fred Sinowatz musste die Blauen dann 1983 in die Regierung holen.
Als Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 mit einer erstarkten und rechts gewendeten FPÖ unter Jörg Haider paktierte, um hinter dem Rücken der stärkeren SPÖ Bundeskanzler zu werden, konnte er sich also auf einen Präzedenzfall berufen. Während er aus dem dramatisch unfähigen FPÖ-Regierungsteam eine handzahme Truppe machte, radikalisierte sich der Mittelbau der Partei.
Das Ergebnis heißt Heinz Christian Strache, der nur für die TV-Auftritte Kreide frisst, vor seinen Sympathisanten aber den gesamten Kanon an dumpfen Parolen aufbietet: Eine Mischung aus national und sozialistisch, die auf die Globalisierungsverlierer zugeschnitten ist. Besonders bei den Jungwählern aus den Gemeindebauten, den Berufsschulen und Lehrlingswerkstätten, die sich von Zuwanderern real oder imaginiert bedroht sehen, kommen diese Sprüche an. Wenn die "Altparteien" dagegen kein Rezept finden, werden sie die Rechten immer stärker machen.
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