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Kommentar Occupy Wall StreetEndlich Druck von links

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Seit Tagen protestieren zumeist junge Amerikaner in Manhattan gegen die Übermacht der Banken. Eine Bewegung, die dem Land gut tun wird. Und Veränderung bringen kann.

E ine Massenbewegung ist es sicherlich noch nicht, die da seit zwei Wochen an der New Yorker Wall Street zeltet und protestiert und die am Wochenende mit der Verhaftung von über 700 Menschen auf der Brooklyn Bridge erstmals größere Aufmerksamkeit auch in den US-Medien bekommen hat.

Aber es ist immerhin einmal eine Bewegung, die nicht von rechts kommt. Seit 2009 dominiert die reaktionäre Tea Party als scheinbar einzige Basiskraft der USA das politische und medienöffentliche Klima in einer Art, die einen erschaudern lässt.

Die progressiven Kräfte, die Barack Obama 2008 zum Präsidenten gemacht hatten, waren abgetaucht - teils aus Bequemlichkeit, teils aus Enttäuschung über den allzu moderaten Präsidenten, der doch ein Mandat für "Change" bekommen hatte und nun gar nicht so viel veränderte. Die Konservativen gewannen die Kongresswahlen im vergangenen Jahr - nach einem Wahlkampf, in dem sie Obama als Linkssozialisten charakterisierten. Das war zwar Unsinn, hat aber funktioniert; und es hat vor allem das politische Koordinatenkreuz des Mainstreams noch weiter nach rechts verschoben.

Bild: taz
BERND PICKERT

ist Auslandsredakteur der taz.

Es ist höchste Zeit, dass von links endlich etwas dagegengesetzt wird, und es ist gut, dass das nicht nur in Wahlkampfzusammenhängen geschieht.

Inhaltlich hat der Protest am Wochenende mit Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz erstmals auch prominenten Zuspruch bekommen. Das war an der Zeit, denn so chaotisch und erratisch manche der Forderungen auch sein mögen - sie haben sich zumindest den richtigen Gegner ausgesucht. Sie fordern, dass diejenigen die Geschicke der Gemeinschaft gestalten, die diese auch tatsächlich im Blick haben - im Unterschied zur derzeitigen Herrschaft der organisierten und tolerierten Verantwortungslosigkeit, die das Wesen des Finanzkapitalismus und seiner ausschließlich auf den schnellen eigenen Vorteil bedachten Akteure ausmacht.

Eine solche Umverteilung von Gestaltungsmacht ist eine Mammutaufgabe, die ohne Druck von unten nicht zu schaffen ist. Obama selbst ist das beste Beispiel, wie schrecklich schwach Politik aussieht, wenn die linke Öffentlichkeit passiv bleibt. Die Bewegungsfolklore im Camp sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies tatsächlich die zentrale Auseinandersetzung ist, von der die Zukunft abhängen wird. Nicht nur in den USA.

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Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
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4 Kommentare

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  • N
    Nervoes

    Auf die Straße am 15.10.! Ich bin dabei! Du auch?

    Wo geht was in Deutschland?

    www.echte-demokratie-jetzt.de

    www.15.october.net

    www.attac.de

  • R
    Ralf

    Moin. Sehr schöner Kommentar. Leider ist die Anzahl derer, die an solchen Protesten teilnehmen noch schwindend gering (im Vergleich zur Einwohnerzahl New Yorks z.B.). Ich glaube, die Menschen sind einfach zu satt, zu bequem, noch zu gut versorgt und zu medial beinflußt - hier in Europa und speziell in den USA.

    Wo in arabischen Ländern die absolute und grausame Perspektivlosigkeit zu einer "jungen" Generation der Aufständischen geführt hatte (die Alte Ägypter blieben auch zuhause); geht es hier doch den jungen Menschen einfach & leider immer noch zu bequem. Die Möglichkeit unbequeme Nachrichten oder kritische Stimmen wie z.B. bei Neues aus der Anstalt mit dem on-button der Playstation oder das log-in auf Facebook auszublenden, wird leider noch zu oft genutzt.

     

    Man darf gespannt sein, wann es auch in Europa und den USA zu einer solchen Perspektivlosigkeit kommen wird, dass die Staatsgewalt auf Demonstranten schiessen müssen - was dies ja gebracht (nüscht) haben wir ja gerade gesehen.

     

    Es bleibt spannend...

     

    Beste Grüße

    Ralf Pytlik

  • H
    hto

    "Besuch bei einer kapitalismuskritischen Bewegung."

     

    - im geistigen Stillstand seit der "Vertreibung aus dem Paradies", ist Bewegung offensichtlich stets nur zeitgeistlich-reformistisch von und für Weichbirnen in Kapitalismus-light, da ist es egal ob "links- oder rechtsdrehend", der "Druck" verhält sich immer wie ein Furz.

     

    Protest, Demonstrationen und Forderungen, an die Adresse der "Treuhänder" des "freiheitlichen" Wettbewerbs um ..., ist stumpf-, wahn- und blödsinnig in Überproduktion von KOMMUNIKATIONSMÜLL, besonders wenn man auch noch deren leicht kontrollierbare Plattformen nutzt - befreit euch von eurer gutbürgerlich-gebildeten Suppenkaspermentalität auf systematisch-systemrationalen Sündenbocksuche, damit ihr endlich erkennt, daß diese Welt- und "Werteordnung" ohne Druck verändert werden muß und kann.

     

    Wenn GRUNDSÄTZLICH alles allen gehört, kann PRINZIPIELL alles wirklich-wahrhaftig demokratisch ORGANISIERT (nicht regiert) werden, damit "Wer soll das bezahlen?" und "Arbeit macht frei" absolut keine Macht mehr hat.

  • C
    christ

    Berichtet bitte, in welchen deutschen Staedten Aehnliches unternommen wird. Es ist laengst Zeit, den Verantwortunglosen das Ende der Geduld zu zeigen!

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