Kommentar Obamas Parteitagsrede: Obama schielt nach rechts
Barack Obamas Auftritt brachte wieder mehr Emotion als Substanz. Damit und mit seiner Anbiederung an das konservative Lager hofft er zu punkten.
Bettina Gaus ist Buchautorin und politische Korrespondentin der taz.
Aufbruch sieht anders aus. Selbstverständlich hat Barack Obama die Delegierten des Nominierungsparteitags begeistert. Na und? Der Beifall war geplant und zu erwarten.
Obama verdankt seinen kometenhaften Aufstieg der Botschaft, er sei anders als andere Politiker. Unverbraucht, mutig. Aber längst scheint er Angst vor der eigenen Courage bekommen zu haben. Seit Wochen versucht Obama den Eindruck zu erwecken, er teile doch eigentlich die Ansichten jenes Teils der Bevölkerung, der in den USA gerne "Mitte" genannt wird.
Was genau hat er auf dem Parteitag in Denver gesagt? Hat er ein konkretes Programm vorgelegt? Nein. Er hat ein weiteres Mal auf dem Klavier der Emotionen gespielt. Eine hübsche Melodie - aber mehr auch nicht. Mag sein, dass man Wahlen in den USA anders nicht gewinnen kann. Aber gerade jemand wie Barack Obama kann eine Wahl vermutlich auch nicht damit gewinnen, dass er nach rechts schielt. Schade. Schließlich ist schon allein seine Nominierung eine Provokation.
Derzeit wird er nicht müde zu betonen, wie stolz er auf Amerika ist. Wie sehr er die Soldaten im Irak bewundert. Beim Thema Georgien hat sein republikanischer Rivale ihn vor sich hergetrieben, und Obama ersetzte differenzierte Äußerungen durch kämpferische Plattitüden. Außerdem tritt er inzwischen für privaten Waffenbesitz ein, auch für die Todesstrafe, und er fand es offenbar richtig, sich einem öffentlichen Vergleich mit John McCain zum Thema Glaubensfragen auszusetzen. Zur Hölle mit der Trennung von Kirche und Staat.
Etwas sollte über dem enttäuschenden Parteitag der Demokraten allerdings nicht vergessen werden: Im mächtigsten Land der Welt ist der Angehörige einer ethnischen Minderheit offiziell zu einem - aussichtsreichen - Präsidentschaftskandidaten gekürt worden. Das ist sicherlich ein historischer Augenblick.
John McCain wiederum hat ausgerechnet jetzt bekannt gegeben, dass er im Falle seines Sieges die Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin, zur Vizepräsidentin ernennen will. Schon der Zeitpunkt dieser Ankündigung ist ein mehr als durchsichtiger Versuch, dem Konkurrenten die Show zu stehlen.
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