Kommentar Obamas Grundsatzrede: Er kann sagen, was er will
Die Stoßrichtung, die Barack Obama zur arabischen Welt vorgibt, ist richtig. Glaubhaft sind seine Aussagen eher weniger – zu groß ist der Widerspruch zur Realpolitik.
B arack Obamas Rede an die arabische Welt war der Versuch, einer inkohärenten Politik einen kohärenten Anschein zu verpassen. Das kann nicht gut gehen. Zu deutlich sind die Widersprüche zwischen Rhetorik und tatsächlicher Politik, zwischen erklärten Zielsetzungen und realen Durchsetzungsmöglichkeiten.
Dabei sind die Stoßrichtungen, die Obama vorgibt, vollkommen richtig. Aber wer soll glauben, dass die US-Politik sich jetzt tatsächlich voll an die Seite der arabischen Reformbewegungen stellt, wenn Saudi-Arabien gar nicht erwähnt wird, wenn einstiger Militärhilfe für das Mubarak-Regime von 1,3 Milliarden US-Dollar jährlich jetzt nur Wirtschaftshilfe von 2 Milliarden Dollar einmalig gegenübersteht, wenn Obama andeutet, der syrische Präsident Assad könnte sich noch zum Anführer der Reformen in seinem Land aufschwingen?
In den USA hat insbesondere die Aussage zu einer israelisch-palästinensischen Zwei-Staaten-Regelung in den Grenzen vor dem Sechstagekrieg von 1967 für Aufregung gesorgt. Damit gebe Obama, toben Konservative und Israel-Lobby, die Unterstützung Israels auf. Das ist Blödsinn. Nicht nur sind alle Verhandlungen des letzten Jahrzehnts unter dieser Prämisse geführt worden - wenn auch von US-Seite nicht so laut ausgesprochen. Vor allem aber weiß Obama, dass der israelische Premier Benjamin Netanjahu ohnehin keine Friedensverhandlungen will. Wenn das so ist, kann Obama sagen, was er will, in der Hoffnung, dass es wenigstens den Arabern gefällt.
Bernd Pickert ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
Das ist für eine Grundsatzrede zur Definition außenpolitischer Leitlinien ein bisschen wenig. Es ist die Rede von einem, der sich nicht eingestehen mag, dass seine Politik gegenüber den arabischen Ländern im letzten halben Jahr den Ereignissen ahnungslos hinterhertrottete. Sie zeigt, dass er noch immer keine Linie gefunden hat, die über große Erklärungen hinausgeht.
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