Kommentar Nürburgring-Urteil: Fahrlässige Tölpelhaftigkeit
Die harte Strafe für Ex-Finanzminister Ingolf Deubel ist vorbildlich. Sie zeigt, dass sich die Verantwortung für finanzielle Debakel nicht einfach in Luft auflöst.
N un ist der ehemalige rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) vom Koblenzer Landgericht wegen „besonders schwerer Untreue“ zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Es ist ein Urteil von vorbildlicher Härte.
Es bedeutet vor allem, dass sich die Verantwortung für finanzielle Debakel nicht einfach in Luft auflöst, nur weil es sich bei den verschleuderten Vermögen – Schätzungen gehen von bis zu 500 Millionen Euro aus – um Steuergelder handelte. Eine Bewährung ist nicht möglich, überdies verliert der ehemaligen Minister alle Pensionsansprüche.
Bis zuletzt hatte der Volkswirt daran geglaubt, dass sich „der Ring“ zum Wohle des Landes mit Privatgeldern stemmen ließe – und zu diesem Zweck über Steuergelder wie ein zockender Unternehmer über sein eigenes Vermögen verfügt. Und bis zuletzt rechnete Deubel, der immer ein großer Rechner war, mit einem Freispruch.
Dabei handelte er wie ein Hasardeur, was in krassem Gegensatz zu seinem bis dahin tadellosen Ruf stand. Weder hat er sich persönlich bereichert, noch hat er Günstlingen lukrative Aufträge zugeschanzt. Kriminelle Energie war eher den Ganoven eigen, denen er bei seiner Suche nach Investitionen auf den Leim gegangen ist. Verurteilt wurde Deubel daher für seine fahrlässige Tölpelhaftigkeit. Das Gericht hielt es für erwiesen, dass er unfähig ist, Schaden vom Land abzuwenden.
Dabei hätte Deubel dem zweifelhaften Projekt bequem „aus der Loge“ in Mainz beim Scheitern zuschauen können, statt selbst tätig zu werden. Gerade so, wie es der damalige Ministerpräsident Kurt Beck handhabte, solange es eben ging. Als es dann nicht mehr anders ging, nahm Kurt Beck vorsichtshalber und „gesundheitsbedingt“ seinen Abschied. Er darf sich, als politisch Verantwortlicher, durchaus mitverurteilt fühlen. Doch seine Pensionsansprüche laufen weiter.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links