Kommentar "News of the World"-Skandal: Murdoch junior hat sich selbst versenkt
Nach dem Auftritt des designierten Konzernchefs vorm britischen Medienausschuss gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist er ein Lügner – oder völlig inkompetent.
B islang galt James Murdoch eigentlich als designierte Nachfolger seiner Vaters Rupert. Doch mit seinem zweiten Auftritt vor dem Medienausschuss des britischen Parlaments, der den Telefon-Hacking-Skandal bei Zeitungen des Konzerns untersucht, hat sich Murdoch junior selbst versenkt.
Denn James Murdoch hat noch mal bekräftigt, erst nach der ersten Anhörung im Juli 2011 vom ganzen Ausmaß des Skandals erfahren zu haben, obwohl ein Schriftsatz des obersten Firmenanwalts schon 2008 etwas anderes bezeugte. Und obwohl ranghohe Manager der mittlerweile eingestellten Boulevardzeitung News of the World vor dem Ausschuss erklärt hatten, James Murdoch sei eingeweiht gewesen.
Das lässt nur zwei Schlüsse zu: Entweder Murdoch lügt, dann ist er eh weg vom Fenster. Oder seine Mitarbeiter lügen, dann ist er lediglich ein inkompetenter Manager, dem seine eigenen Leute Schrott verkaufen können.
ist Medienreporter der taz.
Ein Manager, der trotz heftigster Anschuldigungen gegen das eigene Unternehmen nicht genügend Zeit und Interesse aufbringt, die Papiere der eigenen Anwälte zu lesen und die drängendsten Fragen zu stellen. Auch das qualifiziert nicht eben für den Top-Job im familieneigenen Medienkonzern .
Murdoch gibt den Unwissenden, der doch nur seinen Führungskräften vertraut hat und nun ob des angerichteten Schadens selbst schwerst erschüttert, aber keinesfalls schuld ist. Das erinnert an ein deutsches Medienskandalon namens MDR. Dort geht es zwar nicht um solche Schweinereien wie im Hause Murdoch, sondern nur um ein paar Gebührenmillionen.
Doch wie gut wäre es, auch den MDR-Fall klärte neben der Staatsanwaltschaft noch ein eigener Untersuchungssausschuss auf. Der genauso öffentlich tagte und seine Unterlagen im Internet publizierte, wie es das britische Parlament tut.
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