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Kommentar NeuwahlenSerbien am Scheideweg

Kommentar von Andrej Ivanji

Die Neuwahlen in Serbien entscheiden über den künftigen Umgang mit dem Kosovo. Gewinnt der patriotische Block könnte das Land sich vollends vom Westen abkoppeln.

Die serbische Regierung scheitert an der Unabhängigkeit des Kosovo - und die Europäische Union auf dem Balkan einmal mehr aus Verkennung der Lage. Eine derart kompromisslose Reaktion von Premier Vojislav Kostunica, die ein Risiko für die Sicherheit der Region in sich trägt, hat Brüssel nämlich nicht einkalkuliert.

Sollten bei den Neuwahlen prowestliche Kräfte gewinnen, dann wird Serbien die europäischen Integrationsprozesse unabhängig von der Kosovofrage fortsetzen und die Rechnung der EU aufgehen. Mit der wirtschaftlichen Prosperität werden es die Bürger Serbiens lernen, mit dem Verlust des Kosovo zu leben, die Gemüter werden sich beruhigen. Dann könnte sich auch Brüssel bemühen, die gesamte Region so bald wie möglich in die EU aufzunehmen und damit alle lokalen separatistischen Bewegungen einzudämmen.

Wenn aber der patriotische Block gewinnt - was durchaus möglich ist -, dann wird nicht nur für längere Zeit das Thema EU von der Tagesordnung in Serbien gestrichen, dann werden die ohnehin angespannten Beziehungen mit dem Westen in eine offene Feindschaft eskalieren. Serbien würde sich in einen weißen Fleck inmitten der politischen Landkarte der Europäischen Union verwandeln und die wirtschaftliche Alternative in Investitionen russischer Unternehmen suchen. Dann wird man sich darauf einstellen müssen, dass die Serben im Kosovo einen aus Belgrad koordinierten Widerstand gegen kosovarische Institutionen und die EU-Mission leisten. Zu befürchten ist eine langfristige Krise mit vereinzelten Gewaltausbrüchen.

Ob es der prowestliche Präsident Boris Tadic noch schafft, den Spieß in der Wahlkampagne umzudrehen, ist allerdings fragwürdig. Tadic hat bisher mit dem Brustton der tiefsten Überzeugung im patriotischen Spiel um die scheinbare Verteidigung des Kosovo mitgemacht. Nun muss er sogar zu noch radikaleren populistischen Mitteln greifen und den Wählern irgendwie beibringen, dass eine Mitgliedschaft Serbiens in der EU nicht einer stillschweigenden Anerkennung des Kosovo gleicht. Eine Bedingung, die Serbien aber sicher in absehbarer Zeit gestellt werden wird.

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