Kommentar Neues Call-a-Bike-System: Gute Idee, miese Umsetzung
Die Bahn will Verkehrsverhalten beeinflussen - und bietet künftig nur in einem winzig kleinen Innenstadtbereich Abstellstationen für ihre Leihräder an. Doch mit unpraktischen Angeboten gewinnt man keine Fahrrad-Fans.
D ie Ziele sind groß: Nicht weniger als das Verkehrsverhalten ändern sollen die rot-weiß-silbernen Räder der Bahn, die seit Freitag in der Innenstadt stehen. Weg vom Auto, hin zu Bus, Bahn und Rad. Und tatsächlich ist die Idee dahinter gar nicht falsch: Wer ein Abo für den öffentlichen Nahverkehr hat, wird mit niedrigeren Preisen belohnt. Und das elektronische Ticket, das für den Herbst geplant ist, soll gleichzeitig zum Ausleihen der Räder genutzt werden können. Die Sache hat nur einen Haken: Die Beteiligten von Bahn bis Senatsverwaltung haben es nicht geschafft, über den Tellerrand des Berliner Zentrums hinaus zu schauen.
Raus fahren ist nicht
Denn dort konzentrieren sich die derzeit 50 Station zum Leihen und Abstellen der Räder. Gut, Prenzlauer Berg und Kreuzberg sollen perspektivisch dazu kommen. Doch dann ist erst einmal Schluss. Von der Weite innerhalb des S-Bahn-Rings, innerhalb derer man früher die DB-Fahrräder abstellen konnte, keine Spur. Wer - als Berliner oder Tourist - nur aus Versehen bis zum Mauerpark oder zum Oranienplatz fährt, muss wieder umdrehen.
Die Begründung, dass innerhalb der jetzt mit Stationen ausgestatteten Gebiete der überwiegende Teil der Fahrten stattfinde, widerspricht dem Ziel des neuen Modells: Wer Verkehrsverhalten verändern will, muss die Räder dort hinstellen, wo noch viele Fahrten mit dem Auto stattfinden, die mit einem Fahrrad leicht zu ersetzen wären. Und das Netz der Stationen dicht stricken. Denn je länger die potentiellen Nutzer zu ihrem Fahrrad laufen müssen, desto wahrscheinlicher lassen sie es gleich. Und nehmen doch das Auto.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Nach Hitlergruß von Trump-Berater Bannon
Rechtspopulist Bardella sagt Rede ab
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung