Kommentar Neue Agrosprit-Ideen: Kein Abfall für alles
Die Suche nach einem reichhaltig vorhandenen alternativen Treibstoff – Erdöl unabhängig und die CO2-Emissionen senkend – wird Fiktion bleiben.
W as für ein irrer Aufwand für diesen Pflanzensprit: Ein paar Prozent des Treibstoffs gewinnt man heute aus Biomasse und hat dafür eine gehörige Agroindustrie aufgebaut. Zu Recht wird sie heftig kritisiert von Umweltschützern und globalen Hilfsorganisationen – zumal nicht einmal gesichert ist, ob das Zeug dem Klima am Ende überhaupt was bringt; womöglich schadet es gar.
Jetzt soll zumindest der Anteil des Biosprits aus Nahrungspflanzen beschränkt werden. Das ist nicht verkehrt, wird aber auch nicht viel bringen, weil dann eben Flächen, die bisher Nahrungsmittel generierten, mit reinen Energiekulturen bestellt werden. Der Kampf um die Flächen bleibt.
Auch von Treibstoffen aus Abfällen, Holz oder gar Algen ist nicht viel zu erwarten. Denn Abfälle werden heute oft schon energetisch genutzt, etwa Speisereste in Biogasanlagen oder Kunststoffe in der Müllverbrennung. Damit ist die Spriterzeugung in der Regel nur auf Kosten anderer Nutzungsarten möglich.
Auch Holz ist nicht unendlich verfügbar, Forstexperten sprechen schon von Potenzialgrenzen. Zudem ist die Energiebilanz zweifelhaft. Bleibt noch die Algenzucht. Doch sie braucht viel Prozessenergie, und die Algen nutzen die einfallende Sonnenenergie schlecht aus. Fakt ist: Die Suche nach einem reichhaltig vorhandenen alternativen Treibstoff, der vom Erdöl unabhängig macht und die CO2-Emissionen spürbar senkt, wird Fiktion bleiben.
ist Autor der taz.
Wenn die EU im Verkehrssektor etwas bewegen will, muss sie die Fahrzeuge auf Effizienz trimmen. Und nicht nur das: Das gesamte Verkehrssystem muss energieeffizienter werden – durch eine konsequente Fahrradpolitik in den Städten und die Verknüpfung von öffentlichem Nahverkehr und Car-Sharing auf dem Land. Den ersten Lernschritt geht die EU gerade, hoffentlich folgt bald der zweite.
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