piwik no script img

Kommentar NetzsperrenLangsamer ans Ziel

Kommentar von Ron Steinke

Auch die Bundesregierung will nun Kinderporno-Websites löschen statt sperren. Vielleicht beginnt die Debatte über einen Einstieg in eine Netzsperr-Infrastruktur jetzt erst richtig.

Löschen statt Sperren": Den Slogan, mit dem Netzaktivisten im vergangenen Jahr gegen Stoppschilder für Kinderpornoseiten mobilisierten, macht sich die Bundesregierung nun selbst zu eigen.

CDU-Innenminister de Maizière kommt das gelegen. Mit der FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die sich an seine Entscheidung noch flugs angehängt hat, bildet er unerwartet eine einsame Bastion des Koalitionsfriedens. Dabei steht die große Bedeutung, die dem Thema unter Medienschaffenden und Bloggern beigemessen wurde, in keinem Verhältnis zur politischen Relevanz für sein Haus. Der Dissens zwischen Netzaktivisten und Innenpolitikern ist hier weit geringer ist als etwa bei den innenpolitischen Großprojekten Onlinedurchsuchung und Vorratsdatenspeicherung.

Im Ziel, kinderpornografische Seiten einzudämmen, waren sich alle Seiten von Beginn an einig. Nur wollte die letzte Bundesregierung schnell und mit flexiblen Seitensperrungen vorgehen, statt erst umständlich via Europol die entsprechenden ausländischen Behörden um eine Löschverfügung bitten zu müssen. Bloße Sperrungen können technisch Versierte allerdings leicht umgehen, lästerte die Netzgemeinde. Und vom ehemaligen Innenminister ist überliefert, dass ihm das Projekt seiner Kabinettskollegin keine Herzensangelegenheit war. Nun soll die technische Vorgehensweise wieder schwerfälliger, aber auch gründlicher werden. Bloße Prozessoptimierung also, mit der die aufgedrängte Expertise erfolgreich eingebunden wird?

Vielleicht beginnt die politische Debatte über einen staatlichen Einstieg in eine Netzsperr-Infrastruktur, welche recht schnell über den unstreitigen Bereich der Kinderpornografie hinaus ausgeweitet werden könnte, jetzt erst richtig. Im Iran wird politische Zensur häufig unter dem Mantel der Pornografiebekämpfung geübt - eine Gefahr, vor der Netzaktivisten auch hierzulande warnen.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

1 Kommentar

 / 
  • L
    Lucanus

    Das hat doch mal Klasse: "Vom Iran lernen heißt Siegen lernen!"