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Kommentar Neofaschismus und der DOSBSelbstkritik wäre angesagt

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Der Deutsche Olympische Sportbund präsentiert sich gerne als Schule der Demokratie. Nur wenn der DOSB offen über den Fall Drygalla redet, ist er darin noch glaubwürdig.

R aus mit der Sprache! Geht es um Nazis? Warum hat sich die Ruderin Nadja Drygalla aus dem Staub gemacht, nachdem der Deutsche Olympische Sportbund und der Ruderverband sie ins Gebet genommen haben? Was wissen die deutschen Verbände über die Beziehung einer ihre Sportlerinnen zum militanten Neonazi Michael Fischer? Worüber wurde wirklich mit der Ruderin gesprochen, bevor sie abgetaucht ist?

Wir sind ganz Ohr. Hallo? Nein, da kommt nichts außer peinlichen Umwegformulierungen. „Diese Geschichte“, „die Angelegenheit“ oder einfach nur „dies“ oder „etwas“. Der deutsche Sport ist an seiner Spitze vollkommen verklemmt, wenn es um die Benennung eines gesellschaftlichen Problems geht, das nun auch die Olympiamannschaft zumindest berührt hat, den Neofaschismus in Deutschland.

Bild: taz
Andreas Rüttenauer

ist Sportredakteur der taz und derzeit in London.

Der DOSB präsentiert sich gerne als Schule der Demokratie, die Vereine sollen die Klassenzimmer sein. Er hat eine Päambel in seiner Satzung, in der „ein humanistisch geprägtes Menschenbild“ beschworen wird. Für die Vereine gibt es Informationsbroschüren, es werden Seminare angeboten und Aktionsprogramme gegen den Versuch rechter Einflussnahme auf die Klubs gefördert. All diese überaus ehrenwerte Programme können nur denen helfen, die für sich festgestellt haben: Wir haben ein Problem! Und nur wer das auch benennt, ist glaubwürdig im Kampf gegen rechte Einflussnahme auf den Sport.

Doch da wo Selbstkritik und Zweifel angezeigt wären, beweihräuchert sich der DOSB selbst – als humanistische Organisation, die der Demokratie verpflichtet und sowieso ganz gut ist. Auch eine noch so schön formulierte Präambel ist nur dann etwas wert, wenn sie mit Inhalt gefüllt wird. Zur menschenfreundlichen, antirassistischen und emanzipatorischen Olympischen Charta hat sich auch das Gastgeberland der letzten Spiele bekannt. Kein Humanist wird China deshalb für einen Hort des Guten halten.

Warum sehen wir also keine Sorgenfalten auf der Stirn der deutschen Oberolympier Michael Vesper und Thomas Bach, nachdem ihnen gesagt wurde, mit wem sich Nadja Drygalla abgibt und wie es sein kann, dass ein ehemaliger Nationalruderer zum Nationalsozialisten wird? Im Ruderband Mecklenburg-Vorpommern hat man schon lange von der „Angelegenheit“ gewusst. Man hat das schön für sich behalten – schließlich geht es um Medaillen und Fördergelder aus dem Innenministerium.

Eine unangenehme Frage steht im Raum: Wieviel Nazi darf eigentlich sein im deutschen Sport?

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Andreas Rüttenauer
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21 Kommentare

 / 
  • JV
    Jutta Venske

    Hallo, rote Brüder & Schwestern,

    Es ehrt Euch, mit welch inquisitorischem Eifer Ihr immer noch dabei seid, die letzten blass-braunen Flusen auf heiliger, deutscher Weste durch ehrliches, triefendes Rot zu ersetzen. Weiter so, mutige taz !! Eure Gedankenpolizei kriegt sie alle !

    Der Pöbel wartet schon geifernd auf die lodernden Scheiterhaufen-oder arbeitet Ihr auch mit Cyklon B ?

    Woher kommt mir das alles nur so bekannt vor ?

  • A
    Asma

    Gegenfrage: wieviel Linksnazi darf sein in der TAZ?

  • AS
    August Steinhaufen

    Ich dachte, dass die Politik aus den Olypischen Spielen herausgehalten wird, aber das ist wohl nicht der Fall. In Deutschland sieht man wohl hinter jedem der etwas rechts von der Mitte des politischen Spektrums liegt einen Rechtsradikalen.

  • H
    Helga

    Dann müssen aber auch alle Athleten, die einer rechtsextremen Partei wie "Die Linke" oder einer öko-diktatorischen Partei wie den Grünen nahestehen abreisen.

  • M
    Martin

    ja wahrlich Selbstkritik ist angebracht von allen den Antifaschisten und selbsternnanten Nazijägern in diesem Land die hinter jedem baum einen Nazi sehen und jedes gesselschaftlich und soziale leben eines Menschen auf blossen verdacht hin zerstören wollen. Auf das die Födergelder für die Projekte dieser Menschen nur weiter munter fliessen werden.

  • S
    Stefan

    Nur Nazis können Nazis lieben. Lebenserfahrung, psychologiche und soziologische Studien zur Partnerwahl belegen das eindeutig. Und Faschismus ist eben keine einfache Meinung wie jede andere auch, sondern ein Verbrechen. Subjektiv fühlt sich Frau Drygalla möglicherweise als unpolitisch, aber das belegt nur ein weiteres mal, wie rechts das Unpolitische in Deutschland mittlerweile ist. Und das gilt allgemein und nicht nur für Leistungssportler , die auf Leistung getrimmt werden und in Sonderwelten (Olympiastützpunkten) leben, die offiziell verbreiten, dass Sport und Politik nichts miteinander zu tun hätten

  • N
    nihi.list

    @Hans:

     

    Geht's noch?

    Ich selber bin wahrlich kein Freund der LINKEN und einiger Autoren, die offensichtlich ihren gesunden Menschenverstand gegen eine ideologische Phrasendreschmaschine eingetauscht haben.

    Aber rechtsextrem ist die TAZ nun wahrlich nicht.

    Und wenn ein Politiker einfach nur Blödsinn macht, dann muss man das auch benennen können, egal, woher dessen Vorfahren kommen.

  • D
    dw-seneca

    Der neue Faschismus kommt als Antifaschismus.

  • S
    Super

    Jetzt werden Faschisten schon mit Juden während der NS-Zeit verglichen. Geht es noch widerlicher?!

  • P
    Pauli

    Und wichtig wäre es der Frau die Möglichkeit zu geben auszusteigen, dann könnte sie nach intensiver Überprüfung ihrer Wahrhaftigkeit auch wieder Sport machen. und ein Vorbild sein für andere aussteigewillige Nazis. Ggfs war sie ja eh keine, siehe ein aktuelles Interview http://www.ndr.de/sport/drygalla137.html, so lange muss man ihr auch die Zeit geben sich einer fairen Aufarbeitung der ganzen Sache zu stellen. Dennoch gilt: Nazis haben im Sport nichts zu suchen, und da möge man doch mal kritisch so einige Trainer in x Sportarten betrachten, ich denke da nur an Nazis die sich über Fußballvereine auf dem Land in die Gesellschaft als "netter Nachbar" eingeschleppt haben.

  • M
    miri

    Menno! Jetzt langts bald. "Von Ihrem jüdischen Ehemann, äh, Faschofreund müssen Sie sich schon trennen, wenn Sie bei uns... Das sehen Sie doch ein, Frau Drygalla?" Das ist so zum Ersticken. Die Frau hat nichts gemacht. Humanistisches Menschenbild! Ja klasse!

  • S
    Sippenhaft2012

    Nadja Drygalla liebt also einen Mann, welcher einer ekelhaften (aber nicht verbotenen) Partei angehört. Was folgt, ist der faktische Rauswurf aus dem olympischen Lager und eine mediale Hetztirade gegen die Sportlerin.

     

    Drygalla selbst wurde auf einem Foto entdeckt, wo dessen Freund gegen Kindesmissbrauch protestiert hat. Was für ein Verbrechen...

     

    Was ist Nadja Drygalla? Die politische Variante dessen was unter den Nazis eine Halbjüdin war? Wobei am lautesten ausgrechnet eine Petra Pau die Sippenhaft eingefordert hat, welche der SED willfähig bis zum bitteren Ende der DDR war.

     

    Dabei hat Nadja Drygalla sich eindeutig zum Olympischen Geist bekannt, was bei manchen iranischen Teilnehmern (welche sich weigern, gegen Juden sportlich anzutreten) kaum der Fall ist.

     

    Sippenhaft gegen eine Frau, welche "den Falschen" liebt. Sophie Scholl würde sich im Grab umdrehen.

  • AU
    An unsere "antifaschistischen" Helden

    "Die Tiere draußen blickten von Schwein zu Mensch und von Mensch zu Schwein, und dann wieder von Schwein zu Mensch; doch es war bereits unmöglich zu sagen, wer was war."

     

    George Orwell, Farm der Tiere.

  • W
    Weinberg

    Ein weiteres Beispiel dafür, dass die deutschen Sportfunktionäre in der Regel auf dem rechten Auge blind sind!

  • R
    reblek

    Das Gestammel von Vesper, der bekanntlich von den sogenannten Grünen kommt, war doch toll anzuhören. Völlig ratlos, dieser Herr: Jede sei für sich selbst und nicht für ihr Umfeld verantwortlich. Na prima, wer mit einem Nazi liiert ist, kann ein demokratisch gesinnter Mensch sein. Wieviel Idiotie ist in diesem Verein erlaubt?

  • C
    coolray

    wie schön..die taz reiht sich in die liste derer ein die die sportlerin schon verurteilt haben..ohne alle fakten zu kennen...ich warte nur darauf bis ein mob in irgendnem sozialen netzwerk die adresse veröffentlicht um zum lynchen aufzurufen..wäre nicht das erste mal...man könnte auch mit einem bibelzitat antworten : Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt stille, Bruder, ich will den Splitter aus deinem Auge ziehen, und du siehst selbst nicht den Balken in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuvor den Balken aus deinem Auge und siehe dann zu, daß du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehest! Lukas 6.42

    man sieht immer nur die fehler der anderen..die eigenen ignoriert man gefliesentlich..ist wahrscheinlich so gewollt

  • C
    Christian

    -->Eine unangenehme Frage steht im Raum: Wieviel Nazi darf eigentlich sein im deutschen Sport?

  • SW
    S. Weinert

    Es gibt eine ganz einfache Lösung: Einfach dem MfS einen neuen Namen geben, alle alten Stasi-Spitzel reaktivieren und schon ist die Demokratie in Deutschland gerettet. Es wäre fahrlässig, auf die geballte Erfahrung in Sachen Gesinnungsschnüffelei zu verzichten. Schließlich hat sich die Mielketruppe damals auch nicht mit Nebensächlichkeiten wie Intimsphäre, Unschuldsvermutung, Vorliegen tatsächlicher strafbarer Handlungen etc. aufgehalten, was sie zusätzlich für einen Sondereinsatz prädestiniert. Nebenbei könnte man das Gesinnungsstrafrecht wieder einführen, was die Aufklärung staatsfeindlicher Tendenzen deutlich erleichtern würde. Ach, es gibt so viele Mittel, aus diesem "Skandal" Profit zu schlagen...

  • P
    Pauli

    Ja, der Verband wäre dran! Und ehrlich kommunizieren wäre auch angesagt. Was ich aber noch wichtiger fände mit der Sportlerin zu sprechen und als "humanistisch" geprägter Verband ihr auch neben der Förderung im Sport auch Unterstützung anzubieten aus dieser Situation herauszukommen. ihr zu helfen und ein positives Beispiel dafür abzugeben wie man auch mittels Sport (!!) jemanden aus dieser Szene herausbekommt. Wenn man sie jetzt alleine sitzen lässt passieren zwei Dinge: das Nazipack hat eine Gallionsfigur und sie hat garkeine andere Möglichkeit mehr als da dann endgültig mitzumachen. DAS zu vermeiden wäre dann ein positives Beispiel für antifaschistische Arbeit und ihre ehrliche Haltung wäre dann zweifelsohne besser erkennbar.

  • H
    Hans

    Gerade die taz sollte hier mit der zu erwartenden Doppel-Moral zurückhalten und erst einmal vor der eigenn Haustür kehren. Denn erstens dürfte ein Großteil der taz-Leser einer ultra-rechten, faschistoiden und offen antisemitischen wie "Die Linke" nahestehen, diese sogar wählen oder im Extremfall Mitglieder dieser Partei weit rechts der NPD sein - und zweitens liefert die taz mit ihren ständigen rassistischen Ausfällen gegenüber Philip Rösler nun auch oft den Beweis, dass sie eindeutig dem rechten bis rechtsextremen Spektrum zuzurechnen ist.

    Wer also selber unstrittig dem rechten Wahn huldigt, sollte sich nicht nur aus Neid anderen Rechten überlegen fühlen oder diese bewusst niedermachen.

  • F
    Falmine

    Sehr guter Kommentar! Wer schweigt, macht sich mitschuldig! Was nützen all die hehren Präventionsmaßnahmen, wenn der Fisch vom Kopf her stinkt und nur noch schwurbelnd nach Luft schnappt!? Der Rücktritt von Bach + Vesper ist fällig!