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Kommentar NPDSchöne Repression

Ambros Waibel
Kommentar von Ambros Waibel

Das Bundesarbeitsgericht urteilte, dass die Mitgliedschaft in der NPD einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst entgegenstehen kann. Es geht den Richtern um Taten, nicht Gesinnung.

S taatsdiener müssen „ein bestimmtes Maß an Verfassungstreue aufbringen“. Was das Bundesarbeitsgericht am Donnerstag in Erfurt verkündete, mutet erst mal an wie eines der berüchtigten Verdikte aus Brüssel, den Biegungsgrad von Gurken betreffend – oder wie eine Gefahrenanalyse des Bundesamts für Verfassungsschutz. Das Urteil, das die Kündigung eines NPD-Mitglieds aus dem öffentlichen Dienst rechtfertigt, ist aber in Ordnung – und es hat einen praktischen Wert für alle, die in einem freien Land leben möchten.

Die Richter sagen, dass eine Mitgliedschaft in der NPD oder sogar Aktivitäten für sie einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst nicht grundsätzlich entgegenstehen. Im konkreten Fall eines 29-jährigen Angestellten der Karlsruher Finanzdirektion, der zugleich in der NPD aktiv ist, sei allerdings das „Mindestmaß an Verfassungsstreue“ nicht gegeben. Der Mann hatte einen Aufruf der Nazinachwuchsorganisation JN weiterverbreitet, in dem von einem „neuen Aufstand“ mit möglichen Toten unter den „Meinungsdiktatoren“ schwadroniert wurde.

Ein Irrtum ist es, zu glauben, man dürfe den Nazis nicht mit allen rechtsstaatlichen Repressionsmitteln begegnen, sei es, weil es sich dabei um Gesinnungsjustiz handle, sei es, weil sie sonst möglicherweise in den Terrorismus abdrifteten. Die Richter haben klargestellt, dass es ihnen um Taten geht, nicht um Gesinnung. Dass, wer seinen braunen Schwall in der Öffentlichkeit nicht halten kann, sich im Klohäuschen der Szene läutert, ist keineswegs gesagt. Vielleicht radikalisiert er sich sogar. Entscheidend ist die Isolation.

Alexander Janetzko
Ambros Waibel

ist Meinungs- und tazzwei-Redakteur der taz.

Denn wozu die politisch-juristische Verharmlosung zusammen mit der „akzeptierenden Sozialarbeit“ der 1990er geführt hat, ist belegt: zu verfestigten neonazistischen Strukturen und letztlich zu den Killern der NSU.

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Ambros Waibel
taz2-Redakteur
Geboren 1968 in München, seit 2008 Redakteur der taz. Er arbeitet im Ressort taz2: Gesellschaft&Medien und schreibt insbesondere über Italien, Bayern, Antike, Organisierte Kriminalität und Schöne Literatur.
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5 Kommentare

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  • L
    lowandorder

    Herr Waibel, ich hatte mir erlaubt einen Textteil Ihres Beitrages unter Einrückung

    desselben als - nunja : ungenießbar zu umreißen.

    Kann aber eine Einreihung in die Kommentare nicht feststellen.

    Da ich von dem Tatbestand der Majestätsbeleidigung gerade bei Ihnen nicht ausgehe,

    bin ich gelinde etwas irritiert - und bitte doch, den Kommentar mich einzurücken.

     

    Leider hatte ich davon keine Kopie gemacht

  • SW
    S. Weinert

    @ docvonstock

     

    Grundsätzlich verstehe ich den Einwand, im vorliegenden Fall halte ich ihn jedoch für nicht gegeben. Wer das Urteil im Original (BAG 2 AZR 372/11) liest, stellt schnell fest, dass das Gericht hier nicht gegen Kritik am Staat oder seinen Organen Stellung bezogen hat. Es hat lediglich festgestellt, das derartige Kritik eines Beamten/Angestellten im Öffentlichen Dienst einen bestimmten Rahmen nicht verlassen darf, er vor allem nicht zu einem gewaltsamen Umsturz der demokratischen Grundordnung und zu einer "Revolution" mit möglichst vielen Toten im "bürgerlichen" Lager aufrufen darf. Dies als Kritik bzw. als von der freien Meinungsäußerung gedeckte Aussage zu werten, würde schon bei einem Nichtbeamten ziemlich weit gehen und hat definitiv nichts mit Ihren o.g. Beispielen gemein. Hinzu kam im vorliegenden Fall, dass der Kläger Zugriff auf personenbezogene, dem Steuergeheimnis unterliegende Daten hatte - einen besseren Weg, Gegner und "Feinde" auszuspähen wird es wohl kaum geben. Auch dem musste das Gericht einen (Sicherheits-)Riegel vorschieben.

  • H
    Harald

    Hallo Ambros,

     

    ich habe für dich für deinen letzten Kommentar hart gescholten. Deshalb an der Stelle meine Zustimmung für diesen Kommentar.

     

    Neonazis und Islamnazis haben im Öffentlichen Dienst nichts zu suchen.

  • V
    vic

    Das gab`s bereits 1950 unter Adenauer- nur, dass es damals und noch lange danach gegen links ging.

    Hat lange gedauert bis jemand bemerkte, dass die Gefahr von rechts kommt.

  • D
    docvonstock

    Wen freut es nicht, wenn ein NPD-Anhänger aus dem öffentlichen Dienst entfernt wird. Nur ist die Urteilsbegründung des BAG sehr gruselig. Dort ist auch von Beleidigung und Beschimpfung, ja bereits Verächtlichmachung des Rechtsstaates die Rede. Wo ist dieser Tatbestand bereits gegeben? Bei der Feststellung, dass die Bundesregierung eine Marionettenregierung ist? Angesichts massiver Zweifel an der Unabhängigkeit, weil die Deutsche Bank Festessen für die Bundeskanzlerin ausrichtet, während ein kleiner Sachbearbeiter bei Annahme einer Flasche Wein bereits in den Geruch der Vorteilsnahme kommt? Darf dann noch der Fall Wulff öffentlich diskutiert werden, weil dadurch das Präsidentenamt verächtlich gemacht wird?

     

    Zu diesen Fragen ist nichts in der Urteilsbegründung gesagt worden. Offenkundig geht das Gericht davon aus, dass für jeden Angestellten im öffentlichen Dienst gilt: "Wes Brot ich ess, des Lied ich sing."

     

    Ich erinnere noch einmal daran, dass es in diesem Lande Berufsverbote gab, die sich ausschließlich an "linke" Bürger richtete, während NPD-Mitglieder ungehindert weiter als Beamte tätig sein durften.

     

    Es gibt keinen Grund dieses Urteil zu bejubeln, denn es dürfte nur für wenige Rechtsradikale gelten, aber dagegen jeden linken Kritiker mundtot machen.