Kommentar NPD-Verbotsverfahren: Traurige Gesichtswahrung
Jedes Parteiverbot beschädigt die Demokratie. Die NPD zu verbieten, ist inzwischen überflüssig: Das Sprachrohr des rechten Randes ist längst die AfD.
Das Verbot der NPD dürfte wohl nicht mehr aufzuhalten sein. Die von der NPD angekündigten „Knaller“ haben sich als feuchte Knallfrösche entpuppt. Kein NPD-Vorstandsmitglied konnte als V-Mann enttarnt werden. Kein Beleg für die Verfassungswidrigkeit der NPD stammt von einem Spitzel. So wie es derzeit aussieht, wird das neue NPD-Verbotsverfahren ohne Verfahrenshindernis zu Ende gehen.
Auch bei der Prüfung der inhaltlichen Argumente ist im Lauf der Woche wohl nicht mehr mit großen Überraschungen zu rechnen. Das Bundesverfassungsgericht hat das Verfahren eröffnet, das heißt, es hält die Argumente des Bundesrats für ausreichend. Selbst wenn die NPD einzelne noch entkräften könnte, wird sie das negative Gesamturteil kaum noch verhindern können.
Ein großer Erfolg wäre das allenfalls für den Bundesrat, der das NPD-Verbot beantragt hat. Die Demokratie ist immer beschädigt, wenn den Bürgern gesagt wird, wen sie zu wählen haben beziehungsweise nicht wählen dürfen. Ein Parteiverbot ist in der Demokratie ein Fremdkörper, der vor allem autoritäres Verbotsdenken hoffähig macht.
Besonders absurd ist das NPD-Verbot in dieser Zeit. Die NPD versucht zwar einen Zusammenhang zur aktuellen Flüchtlingsdiskussion herzustellen und behauptet, hier werde das „Sprachrohr des Volkes“ verboten. Was für ein Quatsch. Selten war die NPD am rechten Rand so irrelevant wie jetzt. Das Sprachrohr der Flüchtlingsfeinde ist längst die AfD, die bislang niemand verbieten will und die – erstaunlicherweise – nicht einmal von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet wird.
Anlass für den NPD-Verbotsantrag war das Versagen der Sicherheitsbehörden beim NSU-Terror. Die Idee, die NPD zu verbieten, sollte damals Entschlusskraft und Handlungsfähigkeit demonstrieren. Heute geht es nur noch darum, das Gesicht zu wahren. Ein demokratisches Trauerspiel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen