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Kommentar NPD-VerbotDas ist ein Ablenkungsmanöver

Bettina Gaus
Kommentar von Bettina Gaus

Ein NPD-Verbot soll die öffentliche Auseinandersetzung mit den offenkundig gewordenen Schwachstellen staatlicher Institutionen vernebeln.

E s gibt gute Argumente für ein Verbot der NPD, und es gibt einige gute Argumente dagegen. Vieles spricht dafür, die Diskussion darüber erneut zu führen. Aber nicht im Zusammenhang mit der Serie rechtsextremistischer Morde in Deutschland und dem Versagen staatlicher Stellen. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Der Verdacht liegt nahe, dass die neue Debatte über ein NPD-Verbot ein Ablenkungsmanöver sein soll, das die öffentliche Auseinandersetzung mit den Schwachstellen staatlicher Institutionen vernebelt, die in den letzten Tagen offenkundig geworden sind. Ein uraltes Klischee wird dabei bedient: dass nämlich nur mehr verboten werden müsste, um Verbrechen zu verhindern und alle Arten anderer Übel zu beseitigen. Dem ist nicht so. Mord ist bereits jetzt strafbar, und Sprengstoffanschläge sind es ebenfalls. Um solche Taten aufzuklären, bedarf es keines Parteienverbots. Es wird auch nicht gebraucht, um Leute aufzuspüren, die untergetaucht sind. Dafür reicht die Anwendung bestehender Gesetze. Man muss sie eben nur anwenden wollen.

Die pauschal erhobene Forderung nach besserem Datenabgleich zwischen verschiedenen Stellen geht ebenfalls an der Sache vorbei. Diese Forderung klingt so scheinbar einleuchtend und vernünftig, dass man schon genau hinsehen muss, um die Fallstricke zu erkennen. Der Verfassungsschutz befasst sich bekanntlich mit zahlreichen Themen, die zunächst gar nichts mit Straftatbeständen zu tun haben: Überzeugungen, Bündnisse, Organisationsstrukturen. Solange nicht der Verdacht auf konkrete Straftaten besteht, geht das die Polizei nichts an. Hätte sie grundsätzlich Zugang zu allen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, dann öffnete dies tatsächlich die Tür zu einem Überwachungsstaat. Anders sieht es mit der Frage aus, ob der Datenaustausch zwischen den Landesämtern für Verfassungsschutz verbessert werden muss. Solange dies nicht der Fall ist, so lange scheinen die Erkenntnisse der einzelnen Dienste allenfalls der Fortbildung ihrer Mitarbeiter zu dienen.

taz
BETTINA GAUS

ist politische Korrespondentin der taz.

Ohnehin verstärkt sich der Eindruck, dass der Verfassungsschutz im Hinblick auf Rechtsextremisten vor allem damit beschäftigt war, mittels Honoraren für V-Leute die Organisationen zu finanzieren, die er eigentlich überwachen sollte. Das ist für die Demokratie bedrohlicher, als es der Rückzug von Verbindungsleuten aus der NPD wäre.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).
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8 Kommentare

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  • C
    Christian

    Wozu brauchen wir eigentlich einen Verfassungsschutz? Wir haben doch nicht mal eine Verfassung, nur ein Grundgesetz.

  • H
    historix108

    Ein NPD-Verbot allein reicht selbstverständlich nicht aus, und es liegt an uns als kritische Bürger und an der kritischen Presse (wie der taz) dafür zu sorgen, dass skandalöse Missstände beim Verfassungsschutz thematisiert werden. Gleichwohl ist es doch offensichtlich, wo der braune Terror seine politische Basis hat. Eine verbotene NPD kann nicht bei Wahlen antreten, auf öffentlichen Veranstaltungen nicht unsere Jugend versauen und den Verfassungsschutz mit ihren aus Steuermitteln finanzierten Agentenlohn nicht weiterhin infiltrieren. Mord ist bereits strafbar - richtig. Aber die Vorbereitungen zu solchen Straftaten (im weiteren Sinne) können von einer auf demokratischen Werten basierten Gesellschaft ebenfalls nicht geduldet werden. Daher: NPD-Verbot - ja!

  • B
    Branko

    Mal ganz pragmatisch betrachtet:

    Der Verfassungsschutz konnte mit seinen V-Leuten diese Verbrechen weder verhinden und noch zur Beschleunigung der Aufklärung beitragen.

    Also verbieten wir doch diese NPD, dann können wir uns nämlich auch die V-Leute einsparen und das Budget des Verfassungsschutz kürzen.

     

    Könnten wir beide ohnehin komplett anschaffen:

    BND und Verfassungsschutz.

    Die gibt's nur ihrer Selbst willen und kosten den Staat viel Geld.

     

    (Wetten, daß für diese Meldung mein Internetverkehr mitgescannt wird? - Nicht weil ich was gegen die Demokratie gesagt hätte, sondern gegen den Verfassungsschutz und BND = Staatsfeind.

    Die müssen ja Verbrechen verhindern...)

  • S
    Schlapphut123

    Ich bin für die Abschaffung des Verfassungsschutzes. Und Punkt.

  • HK
    Harald Klingel

    "Solange nicht der Verdacht auf konkrete Straftaten besteht, geht das die Polizei nichts an. Hätte sie grundsätzlich Zugang zu allen Erkenntnissen des Verfassungsschutzes, dann öffnete dies tatsächlich die Tür zu einem Überwachungsstaat." Wie naiv darf man eigentlich als politisch Denkender(in) sein? Mal davon abgesehen, dass ein Staat der einen "Verfassungsschutz" hat, alles mögliche, aber bestimmt nicht demokratisch ist: glaubt denn ernsthaft jemand, dass Geheimdienst und Polizei nicht konspirieren, wozu sie täglich Gelegenheit finden? also, liebe Tazler, Augen auf und Hirn an. Und immer dran denken: der Mensch ist gut bis er einen Dienstausweis bekommt.

  • V
    vic

    Welche staatlichen Stellen worin und wieweit involviert waren, sollte aufgeklärt werden wenn die NDP keine zugelassene Partei mehr ist.

    Höchste Zeit, dass Nazis kein öffentliches Podium mehr erhalten und von der Gesellschaft finanziert werden.

  • W
    wolf

    Jeder ernstzunehmende Anlaß, die NPD zu verbieten, muß wahrgenommen werden. Wer in diesem Herbst MV zu Wahlzeiten bereiste, wird mir zustimmen. An Laternenmasten teilweise 4 NPD-Doppelplakate übereinander und keine Handhabe, den Dreck zu entfernen - das zeigt Wirkung bei vielen Leuten, welche kleinmütig die Gardine zur Seite schieben und denken: na ja, wenn die soviel Werbung machen können und dürfen, dann können die ja nicht so schlimm sein... und sind ja wieder wer... und wählbar... und überhaupt setzen die sich wenigstens für mich ein...

    Bei nächtlichen NPD-Laternenbefreiungsaktionen (welche natürlich nur Gedankenspiele waren), kam genau diese Reaktion zum Vorschein.

    Also Frau Gauß: Latte M. im Glaspalast stehen lassen, Berlin mit der beneidenswert großen Antifaszene mal verlassen und ab in ein Flächenland, um zu sehen, wie es wieder anfangen könnte - so wie es warscheinlich mit nur minimalen Abweichungen Ende der 20-er Jahre anfing -> nur die Technik hat sich weiterentwickelt; zutiefst menschliche Regungen wie z.B. die Existenzangst (und natürlich Mißgunst), welche durch unterschwellige Drohgebärden der Gesellschaft/Politik immer wieder befeuert werden, waren immer vorhanden und warten auf den oder die Heilsbringer (welche wiederum mit dem geringsten eigenen Bemühungen/Anstrengungen auf den Thron zu hieven sein sollten, also im Idealfall einfach wählbar sind. Wirklichkeit ist, daß unzählige Landsleute nicht bereit sind, über die Auswirkungen dieser Trotzreaktionen nachzudenken).

     

    Grüße aus Schwerin

  • W
    wolf

    Jeder ernstzunehmende Anlaß, die NPD zu verbieten, muß wahrgenommen werden. Wer in diesem Herbst MV zu Wahlzeiten bereiste, wird mir zustimmen. An Laternenmasten teilweise 4 NPD-Doppelplakate übereinander und keine Handhabe, den Dreck zu entfernen - das zeigt Wirkung bei vielen Leuten, welche kleinmütig die Gardine zur Seite schieben und denken: na ja, wenn die soviel Werbung machen können und dürfen, dann können die ja nicht so schlimm sein... und sind ja wieder wer... und wählbar... und überhaupt setzen die sich wenigstens für mich ein...

    Bei nächtlichen NPD-Laternenbefreiungsaktionen (welche natürlich nur Gedankenspiele waren), kam genau diese Reaktion zum Vorschein.

    Also Frau Gauß: Latte M. im Glaspalast stehen lassen, Berlin mit der beneidenswert großen Antifaszene mal verlassen und ab in ein Flächenland, um zu sehen, wie es wieder anfangen könnte - so wie es warscheinlich mit nur minimalen Abweichungen Ende der 20-er Jahre anfing -> nur die Technik hat sich weiterentwickelt; zutiefst menschliche Regungen wie z.B. die Existenzangst (und natürlich Mißgunst), welche durch unterschwellige Drohgebärden der Gesellschaft/Politik immer wieder befeuert werden, waren immer vorhanden und warten auf den oder die Heilsbringer (welche wiederum mit dem geringsten eigenen Bemühungen/Anstrengungen auf den Thron zu hieven sein sollten, also im Idealfall einfach wählbar sind. Wirklichkeit ist, daß unzählige Landsleute nicht bereit sind, über die Auswirkungen dieser Trotzreaktionen nachzudenken).

     

    Grüße aus Schwerin