Kommentar NPD-Verbot: Feigheit vor dem Staatsfeind
Eine legale Partei von der Parteienfinanzierung auszuschließen, ist unmöglich. Dass der Staat die Nährmutter der Nazis spielt, ist jedoch nicht vermittelbar.
![](https://taz.de/picture/168148/14/18032013_NPD_Verbot_dpa.jpg)
A lle gesellschaftlich relevanten Gruppen, von den Kirchen über die Gewerkschaften bis zu den Parteien, sind sich darin einig, wie wünschenswert es wäre, könnte man die Nazi-Propaganda in Deutschland eindämmen. Aber geht es um konkrete Maßnahmen gegen Rechtsradikalismus, beginnt der Boden erheblich zu schwanken.
Zum Streitpunkt entwickelt sich insbesondere die Frage eines Verbots der NPD. Der rot-grün dominierte Bundesrat hat beschlossen, einen entsprechenden Verbotsantrag voranzutreiben. Die Bundesregierung wird jedoch keinen eigenen Antrag auf Verbot stellen. Denn die FDP stellt sich quer.
„Dummheit kann man nicht verbieten“, lautet die griffige Begründung von FDP-Chef Philipp Rösler dazu. Da ist etwas dran. Selbstverständlich würde ein Verbot nicht dazu führen, dass dämliche Dumpfdeutsche ihre Parolen nicht länger herausbrüllen. Natürlich ändert ein Gerichtsbeschluss nichts in den Köpfen.
Zudem ist das Verfahren, auch da hat die FDP recht, mit Unwägbarkeiten verbunden. Es ist denkbar, dass Karlsruhe urteilt, dass die NPD legal bleiben muss, weil sie keine ernsthafte Gefahr für die Demokratie darstellt. Und auch wenn das Gericht die NPD verbietet – es ist nicht auszuschließen, dass die europäische Justiz dieses Urteil wieder aufhebt.
Wir bezahlen die Propaganda
Ja, das Verfahren, vor dem die Bundesregierung den Schwanz einkneift, ist ein Risiko. Aber, nein, das spricht nicht dafür, ein Verbot der Rechtsradikalen deshalb gar nicht erst in die Wege zu leiten. Der wesentliche Grund dafür liegt gar nicht einmal in der ekelhaften Propaganda dieser Partei, sondern darin, dass wir, die Bürger, diese Propaganda auch noch bezahlen.
Spätestens nach der nächsten Landtagswahl in Sachsen oder Mecklenburg-Vorpommern wird der Jammer wieder groß sein, dass die Neonazis von der staatlichen Parteienfinanzierung profitieren. Spätestens dann wird ein Innenminister wieder nach Maßnahmen rufen, weil dies nicht sein dürfe.
Und die anderen Minister und Staatssekretäre werden nicken, aber weise (und zu Recht) bemerken, dass es rechtsstaatlich leider unmöglich ist, eine legale Partei von der Parteienfinanzierung auszuschließen. Dass der Staat die Nährmutter der Nazis spielt, ist nicht vermittelbar. Es ist ein Skandal. Allein deswegen liegen FDP und Regierung falsch. Und schon deswegen ist ein Verbotsverfahren richtig – trotz aller damit verbundenen Risiken.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links