Kommentar Mutterschutz: Ohne Familienförderung geht es nicht
Wer wirklich etwas tun will für Mütter, der muss sich um mehr kümmern: Um Kündigungsschutz, längere Familienphase und ein ausgebautes Kita-System.
D en Mutterschutz zu verlängern ist die richtige Idee. Nur: Das allein wird wenig ändern an der Situation von Frauen, die Kinder bekommen. Wenn sie jetzt zwölf statt wie bisher acht Wochen nach der Geburt mit ihren Babys vollbezahlt zu Hause bleiben können, fördert das unbestritten die Mutter-Kind-Bindung.
Und es bringt den Frauen ein wenig mehr körperliche Erholung. Aber es schützt sie nicht vor jenen Dingen, die sie am meisten fürchten, wenn sie Mütter werden: Arbeitsplatzverlust, Schwierigkeiten beim Wiedereinstieg in den Job, fehlende Kinderbetreuung.
Wer wirklich etwas tun will für Mütter, der muss sich um eine tatsächliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf kümmern: einen garantierten Kündigungsschutz für Frauen, die aus der Elternzeit zurückkehren, bessere Wiedereinstiegsmöglichkeiten auch nach einer längeren Familienphase, ein ausgebautes Kita-System.
Simone Schmollack ist taz-Redakteurin für Frauen- und Geschlechterpolitik.
Die Wirtschaft lehnt einen ausgeweiteten Mutterschutz mit dem Argument steigender Kosten ab. Andererseits beklagt sie einen wachsenden Fachkräftemangel. Die Unternehmen sind offenbar unfähig zu erkennen, wie eng verzahnt das eine mit dem anderen ist - und daraus Schlüsse zu ziehen. Und dies, obwohl Wirtschaftswissenschaftler bezweifeln, dass mittelständische und Großunternehmen durch die Ausweitung des Mutterschutzes finanzielle Einbußen haben werden.
Im Gegenteil: Jeden Cent, den die freie Wirtschaft heute in familienkompatible Strukturen investiert, wird sie morgen doppelt herausbekommen. Eine Firma, die nicht an die Kinder ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter denkt, verschenkt wertvolles ökonomisches Potenzial. Zu diesem Potenzial gehören heute selbstverständlich Frauen.
Und hier geht es nicht nur um Frauen in Topjobs. Sondern um all jene, denen schlicht nichts mehr zugetraut wird, nur weil sie Mütter geworden sind und weil sie vielleicht mal ein paar Jahre Teilzeit arbeiten wollen. Die um ihren Arbeitsplatz kämpfen müssen, weil der nach der Rückkehr aus der Elternzeit einfach nicht mehr da ist für sie. Denen Aufstiegschancen verwehrt werden, weil sie für Karriere ja jetzt keine Zeit mehr hätten.
Gut beraten sind Unternehmen auch, wenn sie Instrumente wie Gleitzeit, Telearbeitsplätze, Teilzeit für Männer und Pflegezeiten ermöglichen. Mutterschutz ist gut, Familienförderung ist nötig.
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