piwik no script img

Kommentar Mordfall in EmdenWie sich reagieren lässt

Die Vorfälle in Emden zeigen, dass soziale Medien als Plattformen für polizeiliche Fahndungen ungeeignet sind. Sonst drohen Flash- zu Lynch-Mobs zu werden.

bereilt werden auch nette Gesten oft peinlich: Dass die oppositionelle Innenpolitikerin Meta Janssen-Kucz mit ministerieller Geste der Emder Polizei zum Fahndungserfolg in der Tötungssache Lena gratuliert hat, war schon gestern merkwürdig. Und für die Grünen-Abgeordnete ist ihre vorschnelle Belobigung mindestens ein Grund, zu erröten – weil sich ja nun herausgestellt hat, dass die Ermittler auf den nun geständigen 18-Jährigen sehr wohl früher hätten aufmerksam werden müssen, wohl schon vor der Tötung.

Aber nette Gesten werden selten gefährlich. Das unterscheidet sie von Verdächtigungen, deren Dynamik auf Social-Media-Plattformen noch einmal einen Zacken zulegt: Anders, als bei einschlägigen Fernsehformaten, wird auf denen eben nicht nur einmalig die – polizeitaktisch nützliche – Blockwartmentalität gekitzelt. Sondern es wird ein kommunikativer Prozess in Gang gesetzt über den sich eben nicht nur Flash- sondern auch Lynch-Mobs rapide organisieren lassen – wie in Emden zu erleben.

So etwas kann sich, so etwas wird sich wahrscheinlich wiederholen. Innenpolitik muss deshalb nach angemessenen Reaktionen auf Social-Media-Kriminalistik suchen. Eigentlich selbstverständlich ist, dass sie nicht darin bestehen kann, selber den Mob mit Material zu beliefern: Wer glaubt, Facebook als Fahndungsplattform nutzen zu können, wie Uwe Schünemann, spielt mit dem Feuer.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!