Kommentar Milchmarktpolitik der EU: Wiederwahl statt Wahrheit
Aus Brüssel kommen beim Thema Milchpreispolitik nur Wahlgeschenke statt unbequemer Wahrheiten.
I m Wahlkampf gibt es Wahlgeschenke statt unbequemer Wahrheiten. Das ist in Brüssel nicht anders als in Berlin. Da Manuel Barroso die Unterstützung aller Mitgliedstaaten braucht, um für eine zweite Amtszeit benannt zu werden, dürfen auch seine Kommissarinnen nur noch Nettigkeiten von sich geben.
ist Brüssel-Korrespondentin der taz.
Entsprechend vage fiel der Bericht zur Lage auf dem Milchmarkt aus, den Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel gestern vorstellte. Ihr Fazit: Die Milchmarktreform war richtig. Der Preis wird sich irgendwann erholen. In der Zwischenzeit müssen halt ein paar Subventionen zur Überbrückung für die Milchbetriebe her.
Der Bericht zählt die möglichen Instrumente wie Aufkäufe, Exportbeihilfen oder Überbrückungskredite lediglich noch einmal auf und will den Mitgliedstaaten viel Spielraum lassen, welche davon sie verstärken wollen. Fischer Boel dürfte es nicht leichtfallen, diese Linie zu vertreten.
Denn sie ist eigentlich davon überzeugt, dass die schon unter ihrem Vorgänger eingeleitete schrittweise Umstellung von der staatlich gelenkten europäischen Agrarpolitik zur freien Konkurrenz auf dem Weltmarkt der richtige Weg ist. Bei der Kernforderung der Milchbauern, die Produktionsmenge wieder stärker zu beschränken und die Quote über 2015 hinaus aufrechtzuerhalten, bleibt Fischer Boel immerhin hart. Noch.
Denn am 7. September, wo sie gegenüber den Agrarministern ihre Vorschläge konkretisieren will, ist der Barroso-Wahlkampf in der ganz heißen Phase. Eine Woche später will sich der Portugiese vom EU-Parlament wählen lassen. Wenn die europäischen Milcherzeuger die Gunst der Stunde nutzen und ihre Kühe vors Ratsgebäude treiben, werden sie ganz sicher weitere Subventionen heraushandeln können. Mit moderner Agrarpolitik hat dieser Kuhhandel aber nichts zu tun.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße