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Kommentar Milchmarktpolitik der EUWiederwahl statt Wahrheit

Kommentar von Daniela Weingärtner

Aus Brüssel kommen beim Thema Milchpreispolitik nur Wahlgeschenke statt unbequemer Wahrheiten.

I m Wahlkampf gibt es Wahlgeschenke statt unbequemer Wahrheiten. Das ist in Brüssel nicht anders als in Berlin. Da Manuel Barroso die Unterstützung aller Mitgliedstaaten braucht, um für eine zweite Amtszeit benannt zu werden, dürfen auch seine Kommissarinnen nur noch Nettigkeiten von sich geben.

Daniela Weingärtner

ist Brüssel-Korrespondentin der taz.

Entsprechend vage fiel der Bericht zur Lage auf dem Milchmarkt aus, den Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel gestern vorstellte. Ihr Fazit: Die Milchmarktreform war richtig. Der Preis wird sich irgendwann erholen. In der Zwischenzeit müssen halt ein paar Subventionen zur Überbrückung für die Milchbetriebe her.

Der Bericht zählt die möglichen Instrumente wie Aufkäufe, Exportbeihilfen oder Überbrückungskredite lediglich noch einmal auf und will den Mitgliedstaaten viel Spielraum lassen, welche davon sie verstärken wollen. Fischer Boel dürfte es nicht leichtfallen, diese Linie zu vertreten.

Denn sie ist eigentlich davon überzeugt, dass die schon unter ihrem Vorgänger eingeleitete schrittweise Umstellung von der staatlich gelenkten europäischen Agrarpolitik zur freien Konkurrenz auf dem Weltmarkt der richtige Weg ist. Bei der Kernforderung der Milchbauern, die Produktionsmenge wieder stärker zu beschränken und die Quote über 2015 hinaus aufrechtzuerhalten, bleibt Fischer Boel immerhin hart. Noch.

Denn am 7. September, wo sie gegenüber den Agrarministern ihre Vorschläge konkretisieren will, ist der Barroso-Wahlkampf in der ganz heißen Phase. Eine Woche später will sich der Portugiese vom EU-Parlament wählen lassen. Wenn die europäischen Milcherzeuger die Gunst der Stunde nutzen und ihre Kühe vors Ratsgebäude treiben, werden sie ganz sicher weitere Subventionen heraushandeln können. Mit moderner Agrarpolitik hat dieser Kuhhandel aber nichts zu tun.

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1 Kommentar

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  • DG
    D. Glaser

    Schade Daniela Weingärtner, dass sie ihrem eigentlich guten Kommentar ein so heiß gestricktes Ende hinzufügen. Er zeigt vor allem eines, dass sie die Problematik, die hinter der Milchmarktkrise steht nicht richtig verstanden haben.

     

    Fast alle Milchbetriebe könnten problemlos überleben, wenn man endlich eine menschlichere Politik machen würde. Die Milchmenge muß flexibel an den jeweiligen Bedarf angepaßt werden. Das heißt alle!!! Milchbauern müssen derzeit weniger Milch produzieren. Das Mittel der Wahl ist eine Milchquotenkürzung.

    Folgende Vorteile springen dabei heraus: 1. Unser Erzeugerpreis steigt vom Gegenwert einer Zigarette/Liter = 23,5 ct (inklusive MwSt) auf 40 ct/Liter.

    2. Das reicht aus, um ohne!!!! Subventionen bestehen zu können, kostet also nichts.

    Wie das kanadische Modell zeigt, werden die Verbraucherpreise 3. dadurch nicht ansteigen. Lediglich der Verdienst der ohnehin schon viel zu reichen Aldidl&Co fällt etwas geringer aus.

     

    Auch wir sind auf einen Mindestlohn angewiesen und sitzen damit im gleichen Boot, wie viele, viele andere Menschen auch, die vor lauter Alltagssorgen nicht mehr ein noch aus wissen, nur das wir alle derzeit noch getrennt auf die Straße gehen, noch.

     

     

     

    Unser Kampf um einen Systemwechsel in der Milchpolitik ist