Kommentar Merkel schwänzt Klimagipfel: Ladet die Bundeskanzlerin aus!
Angela Merkel fliegt nicht zum UN-Sondergipfel für Klimaschutz. Sie besucht lieber deutsche Unternehmer. Die sollten das verhindern.
E s klingt wie ein Klischee: Bundeskanzlerin Angela Merkel fliegt Ende September nicht zum UN-Sondergipfel zum Klimaschutz nach New York, sondern hält in Berlin eine Rede beim Tag der Deutschen Industrie. Während viele wichtige Staatschefs mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon das Klimaabkommen für 2015 vorbereiten, gilt für Merkel: BDI statt UNO.
Der erste Reflex: Wir haben es ja immer gewusst! Der Kanzlerin liegen deutsche Umsatzzahlen und Arbeitsplätze mehr am Herzen als der Klimaschutz. Aber so einfach ist das nicht. Merkel gehört zu den wenigen Regierungschefs, die die Dimensionen des Klimawandels begriffen haben. Sie hat sich für das Kioto-Protokoll stark gemacht und investiert viel Geld und politisches Kapital in den Klimaschutz. Es bleibt völlig unverständlich, warum sie da nicht ins Flugzeug nach New York steigt. Denn dort werden jetzt die Weichen für ein Abkommen 2015 gestellt.
Und da beschädigt Merkel Deutschlands Ruf. Unser Land gilt international mit seiner Energiewende und seinen Anstrengungen zum Klimaschutz als Vorreiter. Deutschland verliert an Ansehen und Einfluss, wenn in New York die Umweltministerin erscheint, die nicht auf Augenhöhe mit Obama und Li verhandelt. Der Affront ist umso größer, weil Merkels Absage nicht wegen einer akuten Krise erfolgt, sondern wegen eines zweitklassigen Pflichttermins.
Es gäbe einen Ausweg: Der BDI erinnert sich, dass deutsche Unternehmen mit grüner Technik Geld verdienen, dass ein Klimaabkommen Investitionssicherheit schafft und für Wachstum und Jobs in Deutschland sorgt. Und dann sollte der BDI über die „Zukunft der Industrie“ ruhig wie geplant Alexander Dobrindt reden lassen – und die Kanzlerin ausladen. Merkel könnte nach New York fliegen und zeigen: Andere reden, sie handelt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links