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Kommentar Merkel-SarkozyJede Menge Spektakel

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Die Stimmung zwischen Frankreich und Deutschland ist frostig, Paris hat zwei Treffen mit merjel und Steinbrück abgesagt. Für die EU verheißt das nichts Gutes.

"Keine Zeit!", so lautet die knappe Begründung. Nachdem am Wochenende schon Nicolas Sarkozy ein seit mehreren Monaten feststehendes Gipfeltreffen mit Angela Merkel in Straubing abgesagt hat, versetzte gestern die französische Finanzministerin Christine Lagarde ihren deutschen Amtskollegen Peer Steinbrück. In beiden Fällen kam die Absage aus Paris überraschend und im letzten Moment. Und in beiden Fällen lautete die offizielle Begründung: "Zeitmangel". Natürlich beteuern Paris und Berlin trotzdem, das deutsch-französische Verhältnis sei ausgezeichnet.

Tatsächlich sind beide Länder so eng und tief vernetzt wie nie zuvor. Und beide Regierungen sind sich in ihren Zielen näher, als das noch bei ihren Vorgängern im Amt der Fall war. Doch hinter den Wangenküsschen, dem Händchenhalten und den Komplimenten, die Sarkozy und Merkel seit acht Monaten austauschen, gibt es Spannungen und Irritationen. Das hat Gründe: Einerseits stehen sich mit Merkel und Sarkozy zwei völlig gegensätzliche Charaktere gegenüber. Andererseits gibt es auch konkrete Interessenkonflikte.

So war Berlin irritiert über die Art, mit der Sarkozy die Befreiung der bulgarischen Krankenschwestern aus Libyen oder die Durchsetzung der EU-Verfassung allein für sich verbuchte. Da war der Ärger über seine Atom-Offerten in China und der arabischen Welt. Und da herrscht Zwist über Sarkozys geplante "Mittelmeer-Union", in die er alle südlichen Anrainer, von Israel bis nach Marokko, hineinholen will. Merkel fürchtet einen solchen Club als Konkurrenz zur EU. Zwischen den beiden gibt es keine Annäherung, im Gegenteil: Sarkozy bereitet für Juli in Marseille schon eine Art Gründungstreff der Mittelmeer-Union vor.

Wenige Monate bevor Frankreich die Ratspräsidentschaft in der EU antritt, verheißen solche Reibungen nichts Gutes. Einerseits ist die EU erfahrungsgemäß nur dann arbeitsfähig ist, wenn zwischen Frankreich und Deutschland die Chemie stimmt. Andererseits droht Sarkozy, in der EU nach derselben Hauruckmethode zu verfahren wie bislang in Frankreich. Also jede Menge Spektakel und Projekte, mit denen er seine Partner regelmäßig vor den Kopf stößt.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.

1 Kommentar

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  • K
    K.Valentin

    Sarkozy ist ein Chauvinist wie er im Buche steht.

    Er hätte sich bestimmt mit Schröder und Clement

    gut verstanden- dem Bonzenfreund und dem 'Superminister'.