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Kommentar Merkel-RedeGelegenheit für Nettigkeiten

Bettina Gaus
Kommentar von Bettina Gaus

Der Auftritt von Angela Merkel in den USA ist nicht Höhepunkt einer innigen transatlantischen Beziehung, sondern Chance, eine schwierige Situation zu entkrampfen.

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Bettina Gaus
Politische Korrespondentin
Jahrgang 1956, ist politische Korrespondentin der taz. Von 1996 bis 1999 leitete sie das Parlamentsbüro der Zeitung, vorher war sie sechs Jahre lang deren Korrespondentin für Ost-und Zentralafrika mit Sitz in Nairobi. Bettina Gaus hat mehrere Bücher veröffentlicht, zuletzt 2011 „Der unterschätzte Kontinent – Reise zur Mittelschicht Afrikas“ (Eichborn).

4 Kommentare

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  • PS
    Pronto Sauer

    Nur Nettigkeiten?

    Ich denke, diese Rede ging über Nettigkeiten eindeutig hinaus.

    Stichwort Wirtschaft: Sie sang das hohe Lied der Freiheit und zwar ganz im Sinne der Amerikaner ohne jegliche Andeutung auf das Soziale der Marktwirtschaft, wie sie diese hier zu Lande vertritt. Und natürlich nur zum Besten Amerikas und Europas. Aha, da wird der Rest der Welt ja entzückt sein.

     

    Stichwort: Afghanistan: Sie gab eine eindeutige Zusage zu mehr Engagement (Krieg) in diesem Land. Als "Vertreterin aller Deutschen", wie sie sich selbst sieht, finde ich das sehr gewagt.

     

    Stichwort: Iran. Mit ihrer "Null Toleranz"-Rede grub sie Obama geradezu das Wasser ab, der in Bezug auf Iran und Israel für mehr Gespräche und Diplomatie eintrat. Gar nicht nett.

     

    Und schließlich hat sie versprochen, dass die Deutschen zusammen mit Europa die Amerikaner in der Nato auch militärisch stärker unterstützen wolle. Der neue EU-Vertrag erlaube dies jetzt auch besser. Das fanden die Amerikaner wieder sehr nett. Nett wäre es dagegen auch, wenn Frau Merkel dies - wenn nicht vor der Wahl, so wenigsten irgendwann einmal - dem deutschen Bürger im Bundestag ins Gesicht gesagt hätte.

    Nee, nee, diese Rede war nicht nur nett, sie war auch beängstigend.

  • CM
    Carolus Magnus erodierendes Imperium

    Eine glanzvolle rede hat sie da hingelegt im US-congress, "unsere" Angela. Durch und durch inspirierend, nuancenreich getragen, mit zwischentönen rhetorisch verfeinert, ein betont flammender appell an das gewissen und die zivilcourage, einfach umwerfend!

    Queen Elizabeth und Prinz Charles werden diesem deutschen medienereignis sicher vor ihren TV-geräten beigewohnt und sich dabei die frage gestellt haben, warum es im Vereinigten Königreich nirgendwo eine so eloquente und wortgewandte politikerin gibt?

     

    Ja, "wir" Deutschen sind doch immer wieder die besten, wenn wir nun felsenfest davon überzeugt sind, es tunlichst vermeiden, über den tellerrand zu blicken und der nachwachsenden generation weiterhin eintrichtern, dass reden silber ist und schweigen gold, nicht wahr?

     

    Jede Zweit- oder Drittklässlerin hätte es dem ehemaligen FDJ-Mädel Merkel gleichgetan! Wie vom Blatt gelesen, schön hast du das gemacht...

  • A
    A,mos

    Merkel durfte eine Rede halten. Und was muss sie jetzt der USA für Zugeständnisse machen? Darf dafür

    GM jetzt Opel behalten?

  • S
    symphatisant

    Nettigkeiten und Gedankenaustausch - ist ja alles schön und gut. Die Leute im Kongress sind auch alles höfliche Menschen, die werden sicher nicht eisig sein, wenn die Regie erwartet, daß geklatscht wird. Aber das sind auch überwiegend Leute, die nicht gerne ihre Zeit vergeuden. So ein Auftritt in der amerikanischen Öffentlichkeit hat entweder einen besonderen Nutzen für die Amerikaner oder er hat einen Preis. In beiden Fällen schwant mir nichts gutes.

     

    Den Amerikanern wäre es gelinde gesagt recht, wenn aus den 5000 deutschen Soldaten in Afghanistan 50000 werden würden, "was dem von den Deutschen gewünschten Gewicht innerhalb der Nato viel näher käme." [Zitat eines amerikanischen Reporters]

     

    Hatte Frau Merkel tatsächlich erwähnt, daß der Fortschritt zukünftig in höherem Maße allen Menschen als Lebensstandard zugute kommen müßte? Na ja, werden die Amerikaner gedacht haben, das funktioniert prima, solange nicht alle Menschen auf dem Globus das gleiche darunter verstehen.

     

    Die Bankenkrise, ein Produkt made in USA, der Nation der Wirtschafts-Nobelpreisträger, wie geschaffen für den Export - und unsere bestbezahlten Experten hier haben es brav importiert. Nun predigt Frau Merkel weltweite Restriktionen und die Amerikaner mauern dagegen, ist ja kein Wunder, die haben ja das Geld. Wie schon H. Daumier sagte: "Ihr Geld ist nicht weg, mein Freund..."

     

    Und zuletzt der Klimawandel. Natürlich wollen die Amerikaner dieses Problem ebenfalls lösen. Aber unter strategischen Prämissen. Genau wie in Rußland, wäre man doch doof, wenn man die strategischen Vorteile im weltweiten Machtgefüge, die in zwei Grad Jahresmittel stecken, ungenutzt vergeuden würde. Dabei immer zuerst an die armen Leute in der dritten Welt zu denken, ist leutseelig.

     

    Unsere Kanzlerin hat eine große Chance, dort klar zu machen, daß es überall gescheite Leute gibt, die sich nicht mit ein paar Schlagworten in die Pfanne hauen lassen. Nach dem taz-Kommentar oben ist wohl zu befürchten, daß wieder mal die Stimmung wichtiger ist. Wie in der Eheberatung. Duftkerzen, der Ton macht die Musik usw. Herrgottnochmal!