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Kommentar Marburger Solar-ProjektRecht auf Klimaschutz

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Kaum werden Klimaschutz-Maßnahmen mal gesetzlich festgemacht - ist die Rede von "Ökodiktatur". Eine absurde Warnung, wird doch alles demokratische beschlossen.

Bild: taz

Malte Keutzfeldt ist Ökologie- und Wirtschaftsredakteur der taz.

Marburg schreibt den BürgerInnen die Nutzung von Solarkollektoren vor, die Europäische Union will klassische Glühbirnen verbieten. Und sofort setzt die Debatte ein: Ist das nun endlich der konsequente Klimaschutz, auf den wir schon so lange warten - oder der Beginn der "Ökodiktatur", vor der einige Kritiker warnen?

Ohne Frage ist es richtig, dass der Staat sich nur dort ins Leben der Menschen einmischen soll, wo es gute Gründe dafür gibt. Die Warnung vor einer Ökodiktatur scheint aber nicht nur deswegen absurd, weil es sich um Beschlüsse demokratischer Gremien handelt. Zudem sind staatliche Vorgaben, die dem Allgemeinwohl dienen, etwas völlig Normales. Sicherheitsvorschriften werden ebenso wenig infrage gestellt wie Gesundheitsnormen und Verkehrsregeln. Und gerade beim Eigenheim macht der Staat von der Farbe der Dachziegel bis zur Größe des Stellplatzes viele Vorschriften. Im Gegensatz zu einigen dieser Vorgaben gibt es für die Pflicht zur solaren Wärmeerzeugung immerhin einen guten Grund, nämlich den Klimaschutz.

Die Hoffnung, dass der Markt das Problem allein löst, hat sich nicht erfüllt. Obwohl sich Sonnenkollektoren über die eingesparten Heizkosten schon nach wenigen Jahren rechnen, sind sie bisher nur auf sechs Prozent der deutschen Dächer zu finden. Und auch Glühbirnen werden noch immer reichlich verkauft, obwohl mit Energiesparlampen bei minimalen Investitionen viel Geld gespart werden kann.

Selbst wenn die notwendigen Veränderungen durch die steigenden Öl- und Gaspreise eines Tages vermutlich auch von allein kommen würden, setzt Marburg mit seiner Entscheidung ein richtiges Zeichen: Das Allgemeininteresse Klimaschutz hat Vorrang vor Individualinteressen wie der Wahl einer Heizung. Auf die Zustimmung jedes Einzelnen kann - wie bei anderen Regeln auch - nicht immer gewartet werden.

Mit staatlicher Gängelung hat das nichts zu tun. Es zeugt vielmehr von Bürgersinn und Verantwortung, wenn mehrheitlich getroffene Entscheidungen auch von weniger einsichtigen Hausbesitzern umgesetzt werden müssen. Ganz im Sinne des Grundgesetzes: Eigentum verpflichtet - in Marburg jetzt auch zum Klimaschutz.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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2 Kommentare

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  • T
    tomlong

    Ökodiktatur ?

    Die Sache ist der Aufstand gegen die Diktatur der Öl- und Energiemultis.

    Bravo Marburg !

  • H
    Herbert

    In Marburg lebt die Hälfte der Bevölkerung von/mit der Universität. Bezahlen brauchen die nicht für die Solardächer, denn das sind Postmaterialisten und bauen keine Wohnungen/Häuser. Außerdem tendieren sie häufig zu den Geisteswissenschaften und haben von CO2 Vermeidungskosten noch nie was gehört: Die betragen pro Tonne CO2 für Solartechnik ca. € 60-600, für Modernisierung von Kraftwerken ca. € 20. Aber warum soll ein Beamter oder idealistischer junger Student auch rechnen? Für die ersten ist der Job ja sicher und die letzteren leben gerne von Liebe und Luft; wie wohl auch der Kommentierende.