Kommentar Mahmud Abbas Rückzug: Hoffentlich nur ein Manöver
Noch ist unklar, ob Palästinenserpräsident Abbas tatsächlich zurücktreten will oder ob er nur damit droht. Sollte er die Ankündigung war machen, wäre es eine Katastrophe.
N och weiß man nicht, ob die Entscheidung des Palästinenserpräsidenten nur ein Manöver ist, ein letztes Signal an die USA in der Hoffnung auf Rettung seiner selbst und der Zwei-Staaten-Lösung. Nicht zum ersten Mal droht Mahmud Abbas mit seinem Rückzug von der politischen Bühne. Vorläufig ist nicht einmal klar, ob es überhaupt zu den für den 24. Januar geplanten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen kommen wird.
Bei aller Kritik, die angebracht wäre, kann ihm eines nicht abgesprochen werden: Der Palästinenserpräsident hat sich seit 16 Jahren konsequent dem Frieden verschrieben. Sollte er seine Ankündigung wahrmachen und die Wahlen stattfinden lassen, ohne selbst zu kandidieren, wäre das jedoch nicht nur für Israel eine Katastrophe, sondern zuallererst für die Palästinenser.
Denn Abbas würde ein Vakuum hinterlassen. Seine Partei, die Fatah, verfügt über keinen geeigneten Nachfolger. Die Bewegung, die sich erst vor wenigen Wochen wieder zusammenraufte, um einen Zentral- und Revolutionsrat zu wählen, würde in einen neuen internen Machtkampf zurückfallen. Gewinnen könnte dabei nur die Hamas.
Susanne Knaul ist Israel-Korresponentin der taz.
Ein Absprung wäre feige, aber auch typisch für Abbas, der schon in der Vergangenheit gern den Rückwärtsgang einlegte, wenn es ihm zu schwierig wurde. Er kapitulierte vor seinem Vorgänger Jassir Arafat, als der nicht damit aufhörte, den Friedensprozess zu sabotieren. Und er ließ die Kämpfer der Fatah hilflos den Milizen der Hamas ausgeliefert im Gazastreifen zurück, während er selbst vom sicheren Ramallah aus zusah.
Gäbe es Alternativen, würden ihm wenige Palästinenser in Ramallah und noch weniger Menschen in Gaza nachweinen. So wie es ist, wird ein Rückzug von Abbas sein Volk ins Chaos führen.
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