piwik no script img

Kommentar LobbyismusBizarre Blüten

Tarik Ahmia
Kommentar von Tarik Ahmia

Lobbyismus - ob offen oder verdeckt - scheint in Deutschland kaum jemanden mehr aufzuregen. Dabei bedroht die Verfilzung von Politik und Wirtschaft längst die Demokratie.

U mweltschützer a.D. Joschka Fischer läßt sich nach den Energiekonzernen jetzt auch noch von der Autoindustrie bezahlen? Wirtschaftslobbyisten schreiben in Minsterien gleich selbst die Gesetze, die ihre Branche regulieren sollen? Eine Praxis, die auch noch als "Public Private Partnership"gepriesen wird.

Dass sich nun mit Stephan Kohler, der als Chef der "Deutschen Energieagentur" Deutschlands oberster Werber für Erneuerbare Energien sein sollte, ausgerechnet für klimaschädliche Kohlekraftwerke engagiert, passt in diese absurde Welt. Hier gehört es zum guten Ton, offensichtliche Interessenkonflikte wortlos hinzunehmen. Bei der Dena läßt sich seit Jahren beobachten, welche Blüten entstehen, wenn das Werben für erneuerbare Energien maßgeblich von den marktbeherrschenden Energiekonzernen finanziert wird.

Lobbyismus - ob offen oder verdeckt - scheint in Deutschland aber kaum jemanden mehr aufzuregen. Dabei bedroht die Verfilzung von Politik und Wirtschaft längst die Demokratie: Im milliardenschweren Geschäft der professionellen Politiksteuerung gibt es hierzulande weder Transparenz noch verbindliche Regeln. Anders als etwa in den USA. Dort exisitiert es schon seit 15 Jahren ein Lobby-Register. Hier müssen alle Lobbyisten unter Strafandrohung offenlegen, für wen sie arbeiten und was sie dafür bekommen. Ebenfalls müssen hierzulande verbindliche Regelungen für ehemalige Regierungspolitiker und Spitzenbeamte her.

Die Forderung, mindestens drei Jahre zwischen Amt und Wirtschaftsjob vergehen zu lassen, ist bislang nur ein Appell. Sicher lassen sich Manipulationen auch so nicht vollständig ausschließen. Aber zumindest allzu dreiste Verquickungen von Wirtschaft und Politik sollten es schwerer haben, wenn die Öffentlichkeit weiß, wer sie zu manipulieren versucht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

21 Kommentare

 / 
  • N
    Nörgel

    Lobbylobby? Die Erkenntnisflut in den Kommentaren läßt hoffen, denn Unbestechlichkeit und reine Gewissen sind des Glückes Unterpfand. Die Lobbyisten fürchten sich schon mächtig vor den Zeigefingern dieser und anderer Quasselforen.

  • A
    Amos

    "Dem Deutschen Volke"!? Fairerweise müsste es heißen: Dem Wohle des Lobbyismus und damit zum

    Wohle der eigenen Brieftasche-, was übrig bleibt dem

    Deutschen Volke.

  • A
    Amos

    Die Politik arbeitet nur noch für die Interessenverbände und das Volk wird dadurch immer

    ärmer. Das ist auch der Grund warum Schäuble die

    Bundeswehr im Inneren (Reichswehr) einsetzen will.

    Die Selbstbereicherung der Politiker kennt dann keine Grenzen mehr.Die korrekten, die sich dann gegen diese "faschistoide Demokratie" wehren, werden zu Gunsten der Lumpen dann niedrgeknüppelt.

    Der Terror wird im eigenen Land gezüchtet.Und der ist

    gefährlicher als der imaginäre Terror von draußen.

  • G
    Gockeline

    Lobbyisten umkreisen und beherrschen die Politik,

    die Politik umkreist und wirbt bei den Lobbyisten um später noch ein gutes Geld zu verdienen.

    Man kann es überall sehen.

    Aber, nur nicht mit dem Finger zeigen,es könnten 3-4 wieder auf dich zeigen.

    A l l e Medien versuchen die Massen zu beeinflussen oder zu manipulieren,oder mit Schockbilder+Nachrichten ihr Blatt zu verkaufen.

    Es ist die gleiche Moral.

    Selbst bei den Wahlen wird beeinflußt wo es nur geht.

  • SE
    Soo Einfach

    Ist ja nicht so also ob jeweils die Grünen für

    gute Kontakte gebrandmarkt werden und dahinter

    dass darauf herumgeritten wird steckt auch sicherlich kein Institut, Lobby oder Interessenverband. Oder? Bisschen Naiv, all die

    bisherigen Anstrengungen und Kampagnen und deren

    Anstiffter einfach rechts liegen zu lassen. Diese

    rühren wahnsinnigen Strömungen an, wie etwa zum Beispiel die Wieder-Zulassung des DDT-Giftes. Lachhaft und doch schon geschehen. Man Stelle sich vor, Beckmann schiesse sich auf die Linke ein und wirft denen falsche Humanität vor; als deren Liberale Strömung der 70`Jahre das Verbot von DDT erreicht hat, zum Nachteil von Malariaopfern.

    So ähnlich ist das in den USA schon abgelaufen,

    dort wo es Lobbyistengesetze gibt!

  • M
    mindchange

    Wirklich interessant wäre ein Artikel zu den Querverbindungen zwischen Lobbyismnus, Finanzindustrie, Windkraftbetreibern und Solarenergie gewesen.

  • MB
    Marcus Bommel

    Fischers Fritz fischt frische Fische, frische Fische fischt Fischers Joschka.

    Der Mann ist halt bald reif fürs grosse Bundesverdienstkreuz er muss sich jetzt nur noch ein bisschen bei der Wirtschaft einschleimen, dann hat er es endgültig geschafft und ist gaaaaaaaanz Oben angekommen.

    Das nennt man den Duchmarsch eines "echten" Alt-68-igers.

    In welcher Partei war der denn nochmal?

    Waren das nicht die ganz guten, immer kritischen stets sozialen und voll ökologischen Grünen.

    Jetzt aber mal ein Antrag auf ein Parteiausschlussverfahren sonst werde ich als Wähler langsam unruhig und wähle nächstesmal das Orginal statt der Öko-FDP.

  • MB
    Monika Baum

    Der Fisch (er) stinkt vom Kopfe her.....

  • KM
    Karl Murks

    Ja der Joschka muss halt auch noch was für die Rente tun...pekunia non olet

  • IK
    Inge Kurz

    Fischer scheint verzweifelt einen Rauswurf aus der Grünen Partei produzieren zu wollen oder wie soll man seinen Lobbyismus für Industrieunternehmen(RWE, BMW) sonst deuten so kurz vor den Bundestagswahlen.

    Und die Grünen,die sich sonst über jeden Fall von

    Lobbyismus ehemaliger Spitzenpolitiker anderer Parteien aufs höchste erregen können,sind gezwungen jetzt gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

  • MP
    Max Pirschke

    Ja der Joschka war halt schon immer vorn in der Bewegung.Ob als steinewerfender Anführer des revolutionären Kampfes gegen das kapitalistische System in den siebzigern in Frankfurt oder später als Verhinderer eines neuen Auschwitz im ehemaligen Jugoslawien als Aussenminister.Wo Joschka ist ist vorn...also warum nicht jetzt als Lobbyist für die Energie- und Autoindustrie.

    Verwunderlich nur,dass aus seiner Grünen Partei,die sonst grundsätzlich für das Gute,Schöne und die Rettung der Welt zuständig ist ,jetzt so wenig zu hören ist bezüglich der neuen Beschäftigungsmöglichkeiten ihres GröAaZ (Grösster Aussenminister aller Zeiten)

    Hätte man für den armen unterbeschäftigten Vordenker nicht einen 1 Eurojob in einem sinnvollen Bereich (z.B. ökologische Kompostierung alter Parteitagsbeschlüsse zur Trennung von Mandat und Parteiamt ) besorgen können,so dass der Mann eine sinnvolle Betätigung gehabt hätte.Aber nein, man hat ihn förmlich in die Arme der Industrie "getrieben", da man ihm kein ordentliches Auskommen sichern konnte und wollte.

  • Q
    qlmu936

    Der Artikel ist noch viel zu harmlos, was dieses Thema angeht. Beispielsweise sieht der Vizepräsident der Bundesärztekammer Montgomery, Zahlungen des Pharmakonzerns Ratiopharm an Mediziner als Zitat: "Ein ganz normales natürliches Verhalten." an. Die Verfilzung von Politik und Wirtschaft hat weitreichende, zum überwiegenden Teil katastrophale Folgen. Sie führt zu suboptimalen Kosten-Preisstrukturen im Gesundheitswesen und der Agrarwirtschaft. Und sie versagt, wenn es um Verbraucherschutz geht, z.B. bei gesundheitsschädlichen Produkten.

  • G
    Greg

    Was soll man noch sagen: "Er" (Fischer) hat doch die 3 Jahresfrist eingehalten, oder? Die Nabucco-Lobbyarbeit hat er auch erst in diesem Jahr angefangen, soviel ich weiß.

    Und es ist Transparent (jeder darf sich darüber aufregen)

    Das waren doch die Mindeststandards.

    Das Problem ist dort enorm, wo es nicht jeder sieht. Das Berliner und Brüsseler Lobby-Parkett ist einer Demokratie unwürdig.

  • M
    mackenzen

    aufhoeren! was soll das?! dass herr fischer ein geiles machtmaennchen wie jedes andere auch ist wissen wir doch alle schon lange! und dass sich kapitalismus mit wirklicher volksherrschaft ueberhaupt nicht vertraegt auch... also: WAS SOLLS?!

  • R
    reblek

    "... Partnership'gepriesen wird." Fehlt wohl ein Leerzeichen.

     

    "Dort exisitiert es schon seit 15 Jahren ein Lobby-Register." "exisitiert"? Und warum "es"?

     

    "Hier müssen alle Lobbyisten unter Strafandrohung offenlegen, für wen sie arbeiten..." Gerade waren die USA noch "dort", auf einmal sind sie "hier"? Nein, sie sind und bleiben "dort".

     

    "Ebenfalls müssen hierzulande verbindliche Regelungen für ehemalige Regierungspolitiker und Spitzenbeamte her." Nein: Hierzulande müssen ebenfalls... (Was eine andere Bedeutung hat.)

     

    Dies oder das hätte ruhig jemand bei der taz auffallen dürfen, wenn schon nicht dem Autor.

  • V
    vic

    Doch, die Lobbyisten Republik Deutschland regt mich auf, und zwar sehr.

    Und es regt mich auch sehr auf, dass es offenbar niemand aufregt.

    Fischer ist mir egal, der ist raus. Aber die Anderen, die sind drin und die regieren uns- den "Souverän" (da lach ich mal später drüber).

    Jedenfalls haben sie geschworen, sie würden das das Im Namen des Volkes tun. Aber vermutlich hat der Zusatz "so wahr mir Gott helfe" nicht gewirkt, denn manchmal muss man sich eben doch selbst engagieren.

    So und jetzt habt ihr´s geschafft, dass ich mich wieder aufrege...

  • AC
    Arne Christoffers

    Wie kommt denn die Sichtweise zustande, daß Lobbyismus hierzulande als normal angesehen wird?

     

    Es ist doch viel eher so, daß keiner mehr den Eindruck hat, noch etwas dagegen tun zu können. Eine Umfrage unter Nichtwählern, warum sie nicht mehr wählen gehen, wird sicher ähnliches ergeben: es hat doch keinen Zweck. Wir können nichtmal Siemens, Bertelsmann & Co. wählen, sondern nur die Lobbyistische Einheitspartei Deutschlands. Tritt mal als SPD und mal als CDU auf, ist aber immer das Gleiche drin...

     

    Warum ich bei den Wahl-O-Mat-Fragen, ob die hiesige Demokratie das beste System sei immer nein Antworte? Weil ich hierzulande keine Demokratie mehr erkennen kann. Nur eine Lobbykratie.

     

    Arne Christoffers

  • M
    Maik

    ...wieso erst "bedroht"?

  • S
    Shrike

    Die Piratenpartei hat sich jedenfalls auch den Kampf gegen zu viel Lobbyismus auf die Fahnen geschrieben.

     

    Gerade da die Piraten noch so jung sind, könnten sie es anstreben, sich von diesen Verflechtungen von Anfang an fernzuhalten.

     

    Ich werde daher im Sinne der Demokratie am 27. den Piraten meine Stimme geben und vielleicht auch beitreten.

     

    Wenn erstmal jemand halbwegs glaubhaft vormacht, wie es besser geht, müssen die anderen Parteien nachziehen.

  • A
    Andreas

    Nach der Definition hätte Joschka Fischer seine drei Jahre wohl abgeleistet - und nun? Ich denke, dass es einfach unvereinbar ist, wenn Minister plötzlich dort arbeiten, wo extrem starke Interessengruppen sind. Und das ist bei BMW, Pipelines oder der Zeitarbeitsbranche (Clement) wirklich der Fall.

    Frühere Politiker haben sich eher noch gewundert, wie gut das finanziell ist, mal Minister gewesen zu sein. Ich kenne kaum einen aus der alten Riege, der sich über mangelnde Mittel beschwert (Hans Eichel gehört zu den Neuen).

    Einige waren ja auch noch im Bundestag, zum Beispiel Walter Riester - am Geld kann es nicht liegen.

    Wolfgang Clement und Klaus von Dohnany machen bei der Initiative neue soziale Marktwirtschaft mit: Dort wird an der Auflösung von Mitbestimmung und Sozialstaat gewerkelt. Dass ehemalige Minister und regierende Bürgermeister bei so einer Initiative mitmischen, finde ich super bedenklich, weil das zu nah an ihren Ämtern ist. UNd auf Standing und Persönlichkeit bei Politikern zu bauen, finde ich schlicht zu optimistisch. Ich habe das Gefühl, dass selbst Bernard Kurschner oder Tony Blair oder Bill Clinton bei Bechtel oder Lookhead am Ende landen könnten.

    Von den bundesdeutschen glaube ich: Es gibt keine Grenzen mehr. Christine Scheel verlies die Initative ja nur, weil die grüne Fraktion langsam richtig sauer wurde. Also da sind noch mehr Kandidaten für solche Lobby-Arbeit.

  • KH
    Kristnia Heuschkel

    Was soll man sagen? Joseph ("Joschka") Fischer berät jetzt BMW...