Kommentar Linkspartei: Ungeregelte Nachfolge
Die Linke tut sich schwer, Nachfolger für Gysi und Lafontaine aufzubauen. Lieber zerfleischt sie sich. Wenn sie nicht zur Rationalität zurückkehrt, wird es nur Verlierer geben.
W as ist die Steigerung von Feind? Parteifreund. So fühlt es sich derzeit in der Linkspartei an. Bislang hielten die Wahlkämpfe des letzten Jahres und der Druck von außen die Partei zusammen. Jetzt herrscht eine Atmosphäre von Verdächtigung, schlimmer als in der SPD unter Kurt Beck.
Manches erinnert an die Krise der PDS nach 2002. Damals traten die Integrationsfiguren Lothar Bisky und Gregor Gysi von der Bühne ab, die Partei versank in einem unübersichtlichen Machtgerangel. Bergauf ging es erst, als Bisky und Gysi wiederkamen.
Auch diese Krise kann damit enden, dass Gysi und Lafontaine den Laden zusammenhalten - und damit jedem ihre Unentbehrlichkeit vor Augen führen. Schlicht, weil es sonst niemanden gibt, der die Konfliktherde entschärfen kann. Das größte Chaos-Potenzial schlummert im Westen, in dem die Partei noch einige Häutungen vor sich hat. Dort gibt es niemand, der das Format hat, Lafontaines Kurs fortzuführen - radikale Rhetorik anschlagen, aber ein Realo sein, wenn sich die Chance zum Regieren bietet.
Stefan Reinecke ist Parlamentskorrespondent der taz, er beschäftigt sich vor allem mit der Linkspartei und der SPD.
Bald steht die Nachfolge von Gysi und Lafontaine an. Und es war Lafontaine selbst, der mit dem Vorschlag, eine Doppelspitze zu bilden, diese Debatte indirekt angestoßen hat. Die Linkspartei muss langsam Nachfolger aufbauen. Stattdessen passiert das Gegenteil: Zwei ihrer fähigsten Köpfe, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow, sind in dem Streit als konsensfähige Nachfolgekandidaten verbrannt. Der Schaden ist da, schon jetzt. Denn politische Talente, die Ausstrahlung mit Kompromissfähigkeit verbinden, sind in der Linkspartei rar gesät.
Die Frage ist nicht, wer diesen Kampf gewinnt. Die Frage ist, ob die Linkspartei zur Rationalität zurückkehrt. Sonst gibt es nur Verlierer.
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