Kommentar Linkspartei: Alte Debatte, verpasste Chance
Die aktuelle Israel-Debatte der Linkspartei offenbart die innere Zerrissenheit der Partei. Das Thema wäre eine Debatte wert - allerdings nicht die Art, wie sie geführt wird.
D ie Frage, welche Kritik an Israel aus deutscher Sichtweise legitim ist, ist nicht neu. Sie wurde in den letzten vierzig Jahren in der bundesdeutschen Linken mit heiligem Ernst debattiert. Freundschaften sind zerbrochen, es gab wütende Parteiaustritte, donnernde Polemiken.
Die Debatte wurde so schroff geführt, weil es um Identitätsfragen geht. Dabei braucht man nicht viel Scharfsinn, um zu begreifen, was Deutsche besser lassen sollten. Weder philosemitische Überidentifikation mit Israel noch geschichtsvergessene Dauerkritik, die sich aus dem verstaubten Arsenal des Antiimperialismus bedient, sind angemessen. Die narzisstisch aufgeladenen linken Israel-Debatten zeigen, dass es katastrophal ist, ausgerechnet den Nahostkonflikt zur Projektionsfläche anderer Kämpfe zu machen.
Diese Trennschärfe ist das Mindeste, was man verlangen muss. Insofern offenbart die Israel-Debatte der Linkspartei den kläglichen inneren Zustand der Fraktion. Vor allem der linke Flügel hat auf Gysis Versuch, die Grenzen der Israel-Kritik zu ziehen, mit haarsträubenden Unterstellungen reagiert. Die Pragmatiker würden die Schoah benutzen, um die Linkspartei regierungstauglich zu machen und die eigenen Reihen zu disziplinieren, hieß es dort. Daran ist alles falsch - vor allem von Regierungstauglichkeit kann bei der Linkspartei im Bund derzeit keine Rede sein.
STEFAN REINECKE ist Parlamentskorrespondent der taz.
Kein Missverständnis: Blamabel ist nicht nur der sektiererhafte Auftritt des altlinken Flügels, blamabel ist auch die moralbewehrte Arroganz der Konkurrenz, die, von Union bis zu den Grünen, der Linkspartei Antisemitismus unterstellt. Die Linkspartei hatte die Chance, eine Nahost-Debatte zu führen, die auch für das Publikum interessant hätte sein können. Stattdessen kreist sie um sich selbst.
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