piwik no script img

Kommentar LieberknechtBizarres Beamtenrecht

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Der thüringischen CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht droht die Aufhebung der Immunität. Nun hat sie eine Bringschuld.

Grün ist die Hoffnung: Christine Lieberknecht. Bild: dpa

E in munterer, unternehmungslustiger 37-jähriger Regierungssprecher wird in den vorläufigen Ruhestand versetzt. Das garantiert ihm lebenslang mehr als 3.300 Euro im Monat auf Staatskosten. Fürs Nichtstun. Danach wechselt er in einen gut dotierten Job in der Wirtschaft. Eine Kündigung oder Entlassung wäre in diesem Fall das Naheliegende gewesen.

Es gibt somit den Verdacht, dass die sonst so solide wirkende CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht ihr Haus auch mal nach Gutsherrinnenart führt. Wenn es ihr passt, macht sie die Landeskasse zum Selbstbedienungsladen – trotz der Bedenken ihrer eigenen Staatskanzlei gegen diese mehr als großzügige Art, dem Exregierungssprecher eine goldene Brücke zu zimmern.

Solche Willkür hätte man eher in Sachsen, wo die CDU in Sonnenkönigmanier regiert, vermutet als in Thüringen. Nun wird wohl die Immunität der Ministerpräsidentin in Erfurt aufgehoben.

Und dann? Die Aufhebung der Immunität ist kein Schuldzuspruch. Sie soll Ermittlungen überhaupt möglich machen. Es ist ein Kollateralschaden der auf Personen und Skandale geeichten Mediendemokratie, dass Politiker, die in Verdacht geraten, politisch fast immer schon halb tot sind.

Solange Lieberknecht also nicht angeklagt wird, muss sie nicht zurücktreten. Und sie hat Chancen, juristisch ungeschoren davonzukommen. Denn es geht um kniffelige juristische Fragen. Und im deutschen Beamtenrecht darf die Obrigkeit sehr viel.

Allerdings hat Lieberknecht, jenseits des Juristischen, eine Bringschuld. Sie muss der kritischen Öffentlichkeit darlegen, dass der Verdacht der Günstlingswirtschaft und Hofstaatallüren falsch ist. Kann sie das nicht – und danach sieht es aus –, muss sich die SPD entscheiden, ob sie noch Juniorpartner der Regierung Lieberknecht sein will.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • G
    Gast

    Bezüglich des folgenden Kommentars:

     

    "Es MUSS anders geregelt werden, diese Summe muss enorm reduziert werden und wenn so ein Politiker einen anderen Job annimmt wie auch Schröder od. Wulff wie sie alle heißen mögen muss das staatl. Geld komplett gestrichen werden."

     

    Es sollte generell gestrichen werden, sobald ein Politiker aus seinem Amt ausscheidet.

     

    Wie jedem anderen Bürger auch, steht es ihm nach seiner Mandatszeit frei, sich einen Job zu suchen und in die Staatskasse einzuzahlen, um Rente zu beziehen, sobald man im Rentenalter ist.

    Soll heißen: wenn Politiker X kein Politiker mehr ist, bekommt er eben nichts - außer Arbeitslosengeld bzw. (und das meine ich ernst) HartzIV. Will er das nicht, soll er sich eben bei ARbeitgebern bewerben!

    Was für den Normalbürger gut genug ist, sollte auch denen reichen müssen! Aber die Herren und Damen wissen ja gar nicht mehr, wie das ist, so auf dem "Markt", wenn man eben nicht mehr fürs Geld-in-die-eigenen-Taschen-schummeln auch noch bezahlt wird...

     

    Ich verstehe ohnehin nicht, warum man Politikern für ein paar Jahre Dienst (den die meisten mehr schlecht als recht dem Volk ggü. verrichten) eine lebenslange Rente kassieren. Selbst wenns 800 Euro WÄREN - warum sind die nicht zur Arbeitssuche verpflichtet? O.o müssen wir doch auch...

  • "Es ist ein Kollateralschaden der auf Personen und Skandale geeichten Mediendemokratie, dass Politiker, die in Verdacht geraten, politisch fast immer schon halb tot sind."

     

    Ebenso sicher darf man sein, dass diese Untoten nach spätestens drei Jahren wieder munter mitmischen. Politische Demenz nennt man das wohl,- nur so ist es zu erklären, dass es die CDU überhaupt noch gibt.

  • Nur eines ist sicher: die Politiker-Pensionen!

    -

    Die Rente dagegen ist es auf keinen Fall mehr! - Durch politisch motivierte Plünderungen ( Leistungen für Nichtzahler) und nachträglich eingefügte Faktoren ( Kürzungen) wurde das einst vorbildliche deutsche Rentensystem zerstört. Selbst Zukunftsvorsorge wurde von den Rentenkassen betrieben (z. B.: Vergabe von BfA-Hypothekendarlehen u.s.w.).

    -

    Auf keinen Fall ist die demographische Entwicklung oder die Wiedervereinigung dafür verantwortlich wie es uns die Politiker weismachen wollen. Leistungen des Staates fließen vorzugsweise massiv in den Moloch Europa/€/Banken.

    -

    Die Leidtragenden sind die deutschen Bürger sowie die heutigen und zukünftigen Rentner.

    -

    Hoffentlich machen die deutschen Wähler ihr Kreuz bei der nächsten Wahl an der richtigen Stelle!

    -

    Jedenfalls NICHT die BLOCKPARTEIEN !!!!

    • @GWalter:

      "..Nur eines ist sicher: die Politiker-Pensionen! .."

       

      Sie haben die Beamten-Pensionen vergessen.

  • Wenn einem so viel Gutes widerfährt, da will man doch lieber Knecht sein als Chef.

  • T
    tst

    Für den Rücktritt dürfte schon ein formell eingeleitetes Ermittlungsverfahren reichen, nicht erst die Anklage. Denn Lieberknecht hat sich selbstsicher festgelegt, als sie erklärte, die eingeleiteten Vorermittlungen würden nichts ergeben.

     

    Und: Noch ist nicht erwiesen, dass ihr Sprecher seinen Job selbst loswerden wollte. Lieberknecht also keinen Anlass sah, sich von sich aus von ihm zu trennen. NUR in diesem Fall wäre die Versetzung in den Ruhestand ein Problem für Lieberknecht. Denn dann hätte sie auf einer Kündigung von seiner Seite her bestehen müssen.

     

    Im Moment sieht es nach dem Gegenteil aus: Lieberknecht wollte ihn loswerden, die Staatskanzlei personell umbauen. Sie habe ihm das schon im Dezember gesagt, beteuerte sie am Dienstag (20.8.13). Wenn sie das demnächst per Aktennotiz belegt, dürfte sie auf der sicheren Seite sein.

     

    Soweit das Ergänzungsreferat :)

  • A
    Albert992

    Dieser Kommentar ist unterwürfig "ausgewogen".

    Blödestes Politsprech, erwarte ich eher in der FAZ

  • U
    unbenannt

    3.300 € von Staatsgeldern fürs Nichtstun, während ein Rentner 45 und mehr Jahre arbeiten muss um wenigstens 800 € zu bekommen. Ist dieser Staat noch zu retten ? Ja so läuft das, die Politiker stopfen sich die Taschen von Steuergeldern der Bürger.

     

    Es MUSS anders geregelt werden, diese Summe muss enorm reduziert werden und wenn so ein Politiker einen anderen Job annimmt wie auch Schröder od. Wulff wie sie alle heißen mögen muss das staatl. Geld komplett gestrichen werden.

  • DN
    der nichts hat

    Sollten wir da noch mit dem Kopf schütteln,ich glaube nein.Der dumme Michel zahlt und die an der Macht sitzen,schmeissen es mit vollen Händen aus dem Fenster,ist ja nicht ihr eigenes,wenn wunderts da !!!

    Siehe BER Schotter ohne Ende weg,für nichts und wieder nichts,nur weil sich einige Herren die Taschen noch füllen vollen,bevor sie in den Ruhestand gehen,oder ins Haus der EU gewählt werden,(Altersruhesitz).

    Wann verschwinden endlich diese alte Säcke von der Bildfläche,lasst endlich junge und fähige Leute an die Macht. Mfg der nichts hat

  • MG
    Martin Guardini

    und somit steht fuer mich fest: > ich werde meinen Urenkel zwingen in die Politik zu gehen

    Seinen Einwand, dass dies alles kleine Betrueger sind, lass ich nicht mehr gelten.

    Uropa Martin Guardini