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Kommentar Libyen und die SPDParteien ohne Überzeugungen

Kommentar von Gordon Repinski

Der deutsche Zwiespalt. Auch die SPD reiht sich ein in die Riege politischer Entscheidungsträger, die sich nicht entschließen können, was in Libyen der richtige Weg ist.

D ie SPD tut sich gelegentlich schwer, in politischen Fragen eindeutig Stellung zu beziehen: Im letzten Jahr bei Stuttgart 21, in der Steuerpolitik, in der Integrationsdebatte. Bei Libyen ist es wieder so. Seit Freitag diskutiert die Partei darüber, ob die Enthaltung der Bundesregierung im UN-Sicherheitsrat bei der Entscheidung über die Luftüberwachung falsch oder verständlich war.

Noch heute bringt die Frage manchen SPDler zum Stammeln. Davon ablenkend, kritisiert man den Außenminister: Welch dünne Position für eine Partei, die bis vor kurzem die deutsche Außenpolitik verantwortet hat!

Die SPD reiht sich damit ein in die Riege politischer Entscheidungsträger, die sich nicht entschließen können, was in Libyen der richtige Weg ist. Ähnlich wie der SPD geht es den Grünen. Und aufseiten der Regierung stecken Union und FDP fest: Einerseits haben sie sich in der UNO enthalten, andererseits sich danach beeilt zu betonen, dass die Bundesregierung ja eigentlich doch zu dem Einsatz steht. Es bleibt die Linke: Sie ist in der Libyen-Frage die einzige Partei mit einer klaren Haltung.

Bild: taz

GORDON REPINSKI ist Parlamentskorrespondent der taz.

Der Zwiespalt zeigt, dass die deutsche Regierungspolitik einerseits seit Rot-Grün gern in Bündnisverantwortung eingebunden sein will. Es zeigt sich aber auch, dass durch ein desaströses Erlebnis wie den scheiternden Afghanistan-Einsatz sofort Zweifel an dieser Rolle entstehen.

Die Bundesregierung hätte gegen den Einsatz sein können oder ihn im Bündnis unterstützen. Beides wäre konsequent gewesen. Gute Außenpolitik folgt Überzeugungen. Dass diese in Deutschland fehlen, ist die traurige Bilanz der schwarz-gelben Regierung. Dass sie im Falle Libyen auch anderen Ländern fehlen - darunter leiden diejenigen, die Hilfe brauchen: die Libyer selbst.

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9 Kommentare

 / 
  • PS
    Post Scriptum

    Genauso sehe ich es auch. Bevor die Kriege anfangen, ist alles allen recht, soweit es nicht die Innenpolitik betrifft. Oder wird letztens konsequent von irgendeiner Partei gefordert, die Beziehungen zu China konsequent herunterzufahren, damit die Partei dort sich nicht bis zu den Zähnen bewaffnen kann. Und auch, dass Waffenproduktion grundsätzlich aufzugeben ist. Und wie soll das sowieso angestellt werden, das wäre ja der wirtschaftliche Selbstmord. Wenn es dann z.B. in China so weit kommen würde, und jeder, der es möchte, weiß, dass China ohne Bedenken auf die eigene Bevölkerung Panzer fahren lassen würde, würde man auch da nur zusehen und nichts tun? Aber zum Glück ist Libyen nicht China.

     

    Ich werde es nie verstehen können, wie jetzt Organisationen wie z.B. die spanische Gewerkschaft CGT, die sonst sehr sympathisch sind, gegen ein Eingreifen in Libyen eifert, wo sie sich doch der eigenen Überzeugung nach immer auf die Seite der kleinen Leute oder der Menschen generell, ohne Rücksicht auf Herkunft oder andere Identitätsmerkmale, und zwar, ihrem eigenen Verständnis nach, international stellen wollen? Es bleibt unverständlich, egal wie die gelieferten Erklärungen es drehen und wenden, und irgendwie schleicht sich der Verdacht ein, dass es bloss wieder um Innenpolitik geht, um eine entgegengesetzte Positionierung zu den anderen beiden großen Gewerkschaften im Land. Man sollte auch mal Kooperation in Betracht ziehen mit all denen, mit denen man nicht immer in allem 100% der gleichen Meinung ist, wenn es um Dinge geht, die einfach wichtig und richtig sind. Sonst hat das mit Konsequenz und Überzeugungen nichts mehr zu tun (man tut also genau das, was man den anderen immer vorwirft: nämlich Überzeugungen über Bord zu werfen, sobald es opportun erscheint, es zu tun).

  • P
    PeterWolf

    Was hilft denn noch eine "Überzeugung", wenn einem nur die Wahl zwischen Pest und Cholera bleibt?

     

    Bei einer Entscheidung für "Krieg" (bitte nicht euphemistisch "humanitäre Intervention" nennen) muss das Ziel, der Umfang, der Zeitraum und vor allem der Ausstieg klar sein.

    Das ist hier offensichtlich nicht der Fall.

    Und, wie schon von anderen angesprochen, müssen die Begründungen gegenüber allen anderen unterdrückten Völkern bezüglich des Nichteingreifens bei denen glaubwürdig sein, sonst kommen die noch auf die Idee, es ginge ja doch nicht um Hilfe für die Bevölkerung, sondern um Öl etc...

    Habe ich auch noch nichts plausibles gelesen.

     

    Eine "Überzeugung" die "aus dem Bauch" heraus kommt, ist jedenfalls schlechter als gar keine Überzeugung.

    War halt gut gemeint!

  • D
    Dilemma

    den kommentar von @Völlig Verständlich kann ich unterschreiben.

     

    "richtig" oder "falsch" sind moralische kategorien, die in dilemma-situationen nicht weiterhelfen.

  • W
    Waldküre

    In der Libyen-Frage hat sich Westerwelle - man mag`s drehen und wenden, wie man will - wohl am konsequentesten verhalten.

     

    Die Grünen spielen z.Z. jeder gegen jeden und zwar mit harten Schlägen.

     

    Die SPD ist orientierungslos, da sie das Thema unter wahltaktischen Aspekten sieht und nicht weiß, was der Wähler goutiert.

     

    Die Linke als Partei ohne Regierungsverantwortung bleibt konsequent bei ihrem Anti-Kriegskurs, der höchstens einmal wackelt, wenn es um Tibet geht.

  • V
    vic

    Es gab nur ein richiges Votum Deutschlands im Sicherheitsrat. Ein deutliches NEIN.

    Wem wird in Nordafrika "geholfen", wem nicht?

    Das ist alles so durchsichtig, scheinheilig und verlogen, wie von der "Koalition der Willigen"

    gewohnt.

    Der beteiligungsähnliche Zustand, den Merkel nun mit der Awacs-Besatzung liefert, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

    Nebenbei: Sie haben recht: SPD und Grüne sind auch nicht besser.

  • W
    weniglinks

    Schade, der kommentar fing gut an, aber das Ende war leicht schall.

    Oder wie würde der Autor erklären, dass die Grünen in ihrer Regierungsverantwortung für den Afghanistan-Einsatz gestimmt haben? Also gegen eigene Überzeugungen?

  • VV
    Völlig Verständlich

    Wer bei Fragen zu Leben und Tod oder bei Krieg und Frieden oder Helfen oder tatenlos zusehen IMMER dieselbe passende Antwort parat hat und hier NICHT nachdenklich wird und eine besonnene Einzelfallentscheidung vor einer JA/NEIN-Schnellschuß-Entscheidung vorzieht, DEM ist nicht zu trauen.

     

    Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass man so ein kompliziertes Thema nicht einfach mit einer 08/15-Antwort abhandeln kann.

     

    Und selbst wenn man mehrere Tage die Nachteile, Vorteile und Auswirkungen überlegt und abwägt, kann man zu keiner 100% eindeutigen Antwort kommen, sondern bestenfalls zu einer Entscheidung, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 60% in diesem Fall besser gewesen wäre - aber eben auch mit 40%-iger Wahrscheinlichkeit falsch sein könnte.

  • F
    Florentine

    Die nächste Interpretation der Textvorlage eines befreundeten Geheimdienstes, an die Medien verbreitet über die geheime Sprachregelungsbehörde. Die Kampagne über das angeblich so schlimme Abstimmungsverhalten 'unserer' Bundesregierung läuft auf Hochtouren. Abba, wissense, mir is eine Deutsche Regierung, die sich bei Abstimmungen über Krieg enthält und Deutschland auf diesem Wege NICHT in den nächsten Krieg stürzt, lieber, als eine Kriegszustimmung. Wenn ich die bundesdeutschen Medien mal so zusammenfasse, dann knistert es überall in den Redaktionsstuben nach Kriegslust. Wenn ich weiter interpretiere, wäre Deutschland bei einer SPD/GRÜNEN-Regierung, allen voran die GRÜNEN, an deren Seite mit wehenden Fahnen die SPD und die taz, bereits im Krieg. Da sach ich mal, die Merkel möcht ich ned heiraten (isse eh schon). Abba diesesmal gehört meine Bewunderung (ja,Bewunderung bei diesem Kriegs-Echo in den politisch-medialen Kreisen) der Merkel und ihrem Guido. Ich hoffe, sie halten mit ihrer unerwarteten Haltung, uns nicht in diesen Krieg zu ziehen, durch.

  • UM
    Ulli Müller

    Leider fehlt mir auch hier die Antwort,

    warum wir nur den Lybiern mit Waffegewalt helfen sollen - wollen!

    Warum nur die Rebellen im Erölreichen Osten des Landes unterstützt werden, warum nicht in anderen Ländern?

    Warum immer dann Waffen, wenn der herrschende Despot nicht unser (westlicher) Handlanger ist?