Kommentar Landtagswahl im Saarland: Hämmernde Rhetorik, tragische Figur

Rot-Rot ist nicht an inhaltlichen Unvereinbarkeiten gescheitert, sondern an Taktik. Der Wir-gegen-alle-Wahlkampf der Linkspartei ist eine Blaupause für 2013.

Die Geschichte der Selbstblockade der deutschen Linken ist seit gestern um ein Kapitel reicher. Die SPD hat sich im Saarland auf eine große Koalition festgelegt. Genutzt hat ihr das nicht, im Gegenteil. Es wirkt einfach unsouverän und verunsichert, wenn die Opposition ein Bündnis mit der CDU, die in Saarbrücken seit 12 Jahren regiert, zum alternativlosen Wahlziel erklärt.

Heiko Maas ist damit, nach dem dritten gescheiterten Versuch, Ministerpräsident zu werden, eine Art tragische Figur geworden. Man muss vorsichtig dabei sein, diese Wahl auf den Bund zu projizieren. Doch eine Lehre kann man ziehen. Für die SPD hat die Ansage große Koalition etwas Selbstzerstörerisches. Wer ein solches Bündnis ankündigt, darf sich über müde Wähler nicht beklagen. Man geht auch nicht ins Fußballstadion, wenn man schon weiß, wie das Spiel ausgeht.

Allerdings ist auch Oskar Lafontaines Kalkül, von der auf die CDU fixierten SPD zu profitieren, nur halb aufgegangen. Kein jäher Absturz, aber auch kein Sieg. Lafontaine hat die SPD mit hämmernder Rhetorik bearbeitet. Warum, fragte Maas ihn kürzlich entnervt, wollen Sie eigentlich mit uns koalieren, wenn wir doch so schrecklich sind? Das klingt ein wenig nach kaputter Beziehungskiste.

Aber die Frage legt den inneren Widerspruch der Linkspartei im Westen offen: Sie lebt von der Abgrenzung von der SPD, gleichzeitig behauptet sie, für Koalitionen offen zu sein. Beides zusammen geht nicht. Lafontaines Vorwurfstremolo Richtung SPD schloss Rot-Rot faktisch aus. Dass Maas nicht von Lafontaines bundespolitischem Kalkül abhängig sein wollte, ist verständlich. Regierungen brauchen ein Minimum an Vertrauen.

Rot-Rot ist nicht an inhaltlichen Unvereinbarkeiten gescheitert, sondern an Taktik. Der Wir-gegen-alle-Wahlkampf der Linkspartei im Saarland ist eine Blaupause für 2013. Gerade wenn auch im Bund eine große Koalition näher rückt, wird die Linke versuchen, mit strammem Fundikurs die Stimmen der Unzufriedenen aufzusammeln. Das kann zu passablen Wahlergebnissen führen. Aber es hat einen Preis: dauerhafte Selbstisolation.

Vorsichtig sollte man auch mit dem Erfolg der Piraten sein. Profitieren sie nur vom flüchtigen Unbehagen in der Parteiendemokratie, das sich immer neue Ventile sucht? Oder werden sie das Erbe der zerzausten FDP antreten, als Liberale des Postindustriezeitalters? Das wird erst der Praxistest zeigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.