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Kommentar Lafontaine-NachfolgeDie verdoppelte Partei

Stefan Reinecke
Kommentar von Stefan Reinecke

Die Linkspartei hat Flügel aber keine stabile Mitte. Ihr Fehlen wird im Totalproporz der neuen Doppelspitze augenscheinlich. Die Partei ist sich selbst so fremd wie nie geworden.

D ie Linkspartei hat ihre Führungskrise in Windeseile beendet. Normalerweise gilt ein solches Tempo als Ausweis von Entschlusskraft und professionellem Krisenmanagement. In diesem Fall aber scheint es vor allem aus der schieren Angst geboren zu sein, dass sonst das Chaos ausbricht und die Partei komplett in verfeindete Grüppchen zerfällt. Also bloß kein Machtvakuum riskieren. Bloß schnell alle, Pragmatiker und Linksradikale, Ostler und Westler, einbinden. So ist für alle ein Bonbon in der Tüte. Caren Lay für die Realos, Klaus Ernst für die West-Gewerkschafter, Sahra Wagenknecht für die linken Linken. Ob das ein arbeitsfähiges Team wird oder nur eine Art verdeckte Klientelwirtschaft, ist offen. Mindestens.

Gysi hat kürzlich die Schwäche der Linkspartei präzise beschrieben. Es fehlt eine stabile Mitte. Dieses Personaltableau ist der Versuch, diese Mitte, wenn es sie schon nicht gibt, wenigstens zu inszenieren. Deshalb ist Gesine Lötzsch, die politisch auffällig Unauffällige, jetzt die Karriereleiter hochgefallen. Es reicht in der Linkspartei derzeit offenbar schon, mit allen reden zu können, um sie zu führen. Kein gutes Zeichen.

Aus Angst vor dem Zerfall hat die Parteispitze alles sorgfältig doppelt vertäut. Es gibt zwei Parteibildungsbeauftragte, ordentlich nach Ost/West, Mann/ Frau quotiert. Es gibt sogar eine doppelt quotierte Bundesgeschäftsführung. Auf diese Idee sind noch nicht mal die Grünen gekommen. So viele Haltestricke und Absicherungen sollen den Sturz ins Bodenlose verhindern - der Preis dafür kann Bewegungsunfähigkeit sein.

Bild: taz

Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz. Er beobachtet seit langer Zeit die Entwicklung der SPD, der Linkspartei – und ihr Verhältnis zueinander.

Außerdem gibt es eine Art Lex Wagenknecht. Vizeparteichefin wird sie nun, was Gysi & Co vor gut eineinhalb Jahren noch mit aller Macht verhinderten. Wer zur Parteispitze gehört, soll künftig in keiner Strömung mehr aktiv sein dürfen. So sollen Flügelfiguren wie Wagenknecht per Beschluss zur Loyalität gezwungen werden. Souverän ist das nicht.

Die Linkspartei ist sich so fremd wie noch nie. Viele im Osten sind noch immer wütend wegen der Intrige gegen Bartsch. Viele im Westen sind nach Lafontaines Rückzug verstört. Die machtarithmetisch genau ausgeklügelte Führung ist der wahrscheinlich alternativlose Versuch, die Selbstzerstörungskräfte einzuhegen und irgendwie weiterzumachen. Und doch mutet die Führung an wie ein seltsames Gefährt. Es hat viele, viele Stützräder und wackelt trotzdem.

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Stefan Reinecke
Korrespondent Parlamentsbüro
Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.
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3 Kommentare

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  • EL
    Erwin Lindemann

    Die ständige antilinke Hetze des Herrn Reinecke waren der Grund, mein Abo der taz zu kündigen (und stattdessen das Neue Deutschland und die Junge Welt zu lesen). Vielleicht sollte sich die Redaktion mal Gedanken machen, wer denn so zum Kundenkreis gehört. Freilich klar, dass die "Bild" eine größere Auflage hat. Aber dann sollte man nicht so komplizierte Sätze mit so vielen Wörten verwenden, wenn man diese Leser anlocken will.

  • D
    dissenter

    Allmählich vergeht mir die Lust, ständig gegen den geballten Unsinn der taz in puncto Linkspartei anzuschreiben. Also, auf geht's:

     

    Führung: Ist Führung, verstanden als die Fähigkeit mit allen zu reden und Konflikte zu moderieren, nicht das Herzstück der Staatskunst Angela Merkels, über das von ihrem Hofstaat schon ganze Bücher geschrieben wurden ("So regiert die Kanzlerin")? Nur für die Linken gilt das nicht, nein, die brauchen "echte" Führung. In Gestalt Josef Stalins etwa?

     

    Quotierung: Langjähriges Erfolgsrezept der Grünen, oder nicht? Gut, den doppelten Geschäftsführer halte ich auch für unnötig. Aber besser so als wie bei der SPD, wo der eine Flügel (Seeheimer) die Richtung vorgibt und die Ämter besetzt und der andere Flügel ("Linke") die Wahlplakate kleben darf und gefälligst den Mund zu halten hat.

     

    Wagenknecht: Kommunistische Plattform. Ich weiß, geht gar nicht. Was ich nicht weiß ist, ob Sahra Wagenknecht in ihrem Herzen wirklich Kommunistin ist. Ich weiß auch nicht, ob sie mir oder Stefan Reinecke oder uns allen diesbezüglich Rechenschaft schuldig ist. Ich kann allerdings sagen, dass sie zu ihrem Arbeitsthema Finanz- und Wirtschaftspolitik viele sinnvolle Sachen sagt, wenn man sie bei "Anne Will" &Co. mal ausreden lässt - fundiert, sachlich, ohne Schaum vor dem Mund und übrigens eher sozialdemokratisch orientiert als bolschewistisch -, und dass es m.E. eine gute Idee ist, sie auf der Bühne weiter vorne spielen zu lassen. Dass man sie zur Loyalität zwingen müsste habe ich nicht wahrgenommen, jedenfalls hat nicht sie bestimmte unappetitliche Gerüchte der Presse gesteckt.

  • C
    Clara

    Sehr geehrter Herr Reinecke,

     

    ich glaube, Sie irren sich gewaltig, wenn Sie denken das diese Art von einseitigem Journalismus den sie oft betreiben wirklich etwas mit dem Sinn ihres Berufes zu tun hat.

    Der Hass und Abscheu der in vielen Ihrer Artikel gegenüber uns Linken zutage tritt ist so offensichtlich, dass wahrscheinlich viele Menschen sich eher davon abgestoßen fühlen.

    Im Moment werden wir in der Taz wahrscheinlich am meisten diffamiert, es ist mal wieder erstaunlich.

    Träumen Sie nur weiter von einem Zerfall der Linken und versuchen sie ihn herbeizuschreiben, wenn Sie meinen so eine positive Veränderung in Deutschland herbeiführen zu können.