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Kommentar KurdenprotesteErdogan muss Kurdenfrage lösen

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Der türkische Ministerpräsident hat es in der Hand, eine Entspannung im Kurdenkonflikt zu erreichen. Schlägt er die Chance aus, droht ein blutiges Drama.

D er türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan hat angekündigt, er wolle sich nicht erpressen lassen. Nicht von 700 hungerstreikenden kurdischen Gefangenen und schon gar nicht von der dahinterstehenden verbotenen Partei PKK und die sie unterstützende legale kurdische Partei BDP.

Doch Erdogan braucht sich auch gar nicht erpressen zu lassen – er muss nur von sich aus entscheiden, dass der auf der Insel Imrali inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan wieder von seinen Anwälten besucht werden darf. Das wäre gar nichts Neues, sondern nur die Wiederherstellung des Status, der zehn Jahre lang für Öcalan galt und erst im Juli des letzten Jahres aufgehoben wurde.

Erdogan wehrt sich gegen diese legitime Forderung, weil damit Öcalan auf die politische Bühne der Türkei zurückkehren würde und über seine Anwälte wieder Kontakt zu seinen Anhängern aufnehmen könnte. Der Ministerpräsident und die anderen für die Kurdenpolitik zuständigen Politiker und Militärs haben im letzten Jahr beschlossen, Öcalan zu isolieren, weil zuvor ein Dialogversuch zwischen Staat und PKK gescheitert war.

Bild: taz
Jürgen Gottschlich

ist Türkei-Korrespondent der taz.

Wechselseitiges Misstrauen und eine Fraktionierung innerhalb der PKK waren wohl die wichtigsten Gründe dafür. Daraufhin wollte Ankara wieder einmal mit militärischer und polizeilicher Gewalt versuchen, die PKK auszuschalten. Sie ist dabei, wie schon in den zwei Jahrzehnten zuvor, blutig gescheitert.

Jetzt nähert sich die Türkei, auch angesichts der Situation in den kurdischen Gebieten im Nordirak und in Syrien, der finalen Entscheidung. Die Kurden erwarten wie im Nordirak und wohl auch bald in Syrien ein Stück echter Selbstverwaltung. Entweder kommt es zu einem wirklichen politischen Deal, der eine Art von Autonomie für die Kurden in der Türkei vorsieht, oder es kommt zu einem blutigen Drama. Die toten Gefangenen, die für die kommenden Tage im Hungerstreik zu erwarten sind, wären der unheilvolle Auftakt dafür.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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4 Kommentare

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  • CZ
    Christian Zimmermann

    Hungerstreik!? Selbstopferung als Märtyrerkult wird die deutsche Öffentlichkeit ablehnen.

    Der in Kauf genommene Tod liegt in der Verantwortung des Streikenden selbst und nicht des unter Druck gesetzten Staates, der bestenfalls Zwangsmaßnahmen ergreifen wird, mit denen er das Leben zu retten versucht.Der türkische Staat wird durch diese Vermengung von Identitätsfragen und Rechtsfragen der Inhaftierung und ideologischen , vom Befreiungskampf motivierten Forderungen in einen Entscheidungs-notstand manövriert, den er nicht lösen kann.Anerkennung der Kurdischen Identität kann nicht mit den Haftbedingungen eines verurteilten Straftäters ( Öcalan) in einen Topf geschmissen werden.menschenrechte-online

  • IZ
    Ichristian zimmermann menschenrechte-online

    Der möglicher Weise in Kauf genommene Tod liegt ausschließlich in der Verantwortung des Hungerstreikenden selbst und nicht des unter Druck gesetzten Staates, der bestenfalls Zwangsmassnahmen ergreifen wird, mit denen er das Leben zu retten versucht. Der ausgesprochenen Todeswillen des Hungerstreikenden zur Durchsetzung eines allumfassenden Forderungspaketes ermöglicht keine schrittweisen Lösungsansätze für höchst unterschiedliche Problemstellungen. Der Katalog der Forderungen ist nicht auf die Vielfalt der Haftgründe und Haftbedingungen oppositioneller Inhaftierter in der Türkei ausgerichtet, sondern subsumiert berechtigte kulturelle Forderungen nach kurdischer Identität ,z.B. kurdischer Bildungseinrichtungen , Sprachausübung und Selbstverwaltung, fairer Geschäftsführung mit Berücksichtigung der Muttersprache in Straf- und Zivilprozessen mit Forderungen nach Haftgründen und Haftbedingungen einzelner und der heterogenen Gesamtgruppe aller Streikenden .

    Beispiel: Die Forderungen nach Gewährung kurdischer Identitäten entsprechend der Internationalen Konvention zum Schutz der kulturellen Identität können nicht mit den Haftbedingungen eines wegen mehrfachen Mordes verurteilten Straftäters (Abdullah Öcalan), der sich wie BDP Politiker nicht am Hungerstreik beteiligt oder den ohne Anklageerhebung in Haft sitzenden Journalisten und Rechtsanwälten in einen Topf geschmissen werden.

    zu syr.Kurdistan:Jetzt befinden sich die syrischen Kurden in der desaströsen Lage , von allen Seiten bekämpft zu werden. Die Strategie des friedlichen Wandels unter Selbstverwaltung wurde von der PKK bewusst missbraucht und somit mittels Gewalt eskaliert.

  • EW
    Erdbewohner wie du

    Eins darf man nicht ausser acht lassen,berechtigte forderungen nach gleichberechtigung und freiheit ist auch für das Kurdische Volk so legitim wie für jede andere Völker auch,ich kann das gar nicht nachvollziehen das man das überhaupt zu diskutieren braucht selbst in einem demokratischenland wie Deutschland,da beginnt doch schon die absurdität.

    weil sonst wäre ja auch der Mauerfall sinlos gewessen,

    oder die abschaffung der Apparheit,und und und... zahllose beispiele gäbe es dafür,und die geschichte hat auch immer wieder gezeigt das inhaftierte anführer oder vertretter einer bewegung über denn Roten Teppich neben nahmhaften Staatspräsidenten liefen (Mandele.Arafat...)

    Appel an die Menschlichkeit,Schaut nicht Weg

     

    MfG

  • V
    vantast

    Den Kurden endlich einen eigenen Staat zu gönnen, wäre für alle Beteiligten besser und würde viele Menschenleben retten. Leider ist das den Staatslenkern wurscht, denn die dienen nur ihrem "kältesten Ungeheuer", ihrem eigenen Staat. Dabei würden sogar beide Seiten gewinnen, leider ist der Freßneid stärker.