Kommentar Kunstsammlung: Ein schönes schweres Erbe
Heiner Pietzsch ist ein schlauer Mann. Er will, dass seine Bilder in der Neuen Nationalgalerie hängen - und die Chancen dafür stehen gut.
K unst ist schön, macht aber viel Arbeit. Das alte Bonmot von Karl Valentin gilt nicht nur für den Schaffensprozess. Es gilt auch, wenn das Werk schon lange fertig ist, aber niemand so recht weiß, wohin damit. Das müssen gerade das Land Berlin und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz erfahren. Kunst im Wert von schätzungsweise 120 Millionen Euro bekommt die Stadt geschenkt von dem Sammlerpaar Pietzsch. Nun muss ein repräsentabler Ausstellungsort her. Und das bei leeren Kassen.
Heiner Pietzsch ist ein schlauer Mann. Es gehe ihm nicht um ein Museum mit seinem Namen, betont der Mäzen. Der Staat solle ihm keinen Tempel errichten. Das klingt bescheiden für einen Mann, der gerade eine millionenschweren Gabe überreicht hat. Tatsächlich aber macht es diese offensive Zurückhaltung noch schwerer. Denn Pietzsch will kein eigenes Haus, er will schließlich nicht irgendein Haus. Er will, dass seine Bilder in der Neuen Nationalgalerie hängen. Als Grundstock für die Galerie des 20. Jahrhunderts. Darunter macht er es nicht. Das ist beim Wert der Sammlung nicht unangemessen. Bescheidenheit aber ist etwas anderes.
Der Regierende Kultursenator Klaus Wowereit hat das Geschenk mit Freuden angenommen. Er kann ja auch gar nicht anders. Denn solange die Stadt kein Geld hat, ist sie auf spendable Mäzene angewiesen. Koste es, was es wolle. Andernfalls hätte Berlin das noble Geschenk ablehnen müssen. Das aber wäre ein Offenbarungseid. In der Konsequenz heißt das nichts anderes als: Wer das Geld hat, hat das Sagen. Das ist die Schattenseite des Mäzenatentums. Und das Gegenteil von einer demokratisch motivierten Kulturpolitik.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid