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Kommentar Kundus-AffäreOuvertüre zum Strategiewechsel

Ulrike Winkelmann
Kommentar von Ulrike Winkelmann

Die Bundesregierung tut das Ihrige, um Oberst Klein und die Bundeswehr zu entlasten. Denn im Norden Afghanistans wurde schon vor dem 4. September recht schnell geschossen.

Auch Außenminister Guido Westerwelle sagt jetzt, dass in Nordafghanistan ein bewaffneter Konflikt herrscht. Damit gesellt er sich zu Verteidigungsminister Guttenberg. Die Botschaft ist klar: Die Bundesregierung stellt jetzt offiziell fest, dass sich die Bundeswehr in Afghanistan in einem Krieg befindet.

Es sollte jedoch niemand glauben, dass die neuen Worte der Aufklärung dienen. Nicht zufällig erklärte am Mittwoch auch der Anwalt des deutschen Oberst Georg Klein, dessen Entscheidung zum Bombardement zweier Tanklaster sei völkerrechtlich nachvollziehbar, also rechtmäßig gewesen. Merke: Es ist bewaffneter Konflikt, also kann schneller gebombt werden. Die Bundesregierung tut also das Ihrige, um Oberst Klein und die Bundeswehr zu entlasten.

Bild: taz

Ulrike Winkelmann ist Parlamentskorrespondentin der taz.

Das scheint auch bitter nötig zu sein. Denn immer neue Details belegen, dass im Norden Afghanistans schon vor der fatalen Nacht zum 4. September recht schnell geschossen wurde - und das nicht nur aus Notwehr. Da ist von "Todeslisten" die Rede, auf denen die Bundeswehr gesuchte Taliban-Kämpfer einträgt. Und längst haben US-Spezialkräfte ihr Quartier im größten deutschen Lager in Masar-i-Scharif aufgeschlagen; von dort ziehen sie auf Talibanjagd.

Bald werden 5.000 neue US-Soldaten die Präsenz der Nato im Norden Afghanistans faktisch verdoppeln. Die USA übernehmen damit auch die militärische Kontrolle, deutsches Kommando hin oder her. Die Rhetorik vom "bewaffneten Konflikt" aber bereitet die deutsche Öffentlichkeit schon mal auf die neue US-Strategie der Aufstandsbekämpfung vor. Angesichts dessen könnte der Luftangriff von Kundus bald wie bloßes Vorgeplänkel wirken - bevor die USA im Norden Ernst machen.

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Ulrike Winkelmann
Chefredakteurin
Chefredakteurin der taz seit Sommer 2020 - zusammen mit Barbara Junge in einer Doppelspitze. Von 2014 bis 2020 beim Deutschlandfunk in Köln als Politikredakteurin in der Abteilung "Hintergrund". Davor von 1999 bis 2014 in der taz als Chefin vom Dienst, Sozialredakteurin, Parlamentskorrespondentin, Inlandsressortleiterin. Zwischendurch (2010/2011) auch ein Jahr Politikchefin bei der Wochenzeitung „der Freitag“.

3 Kommentare

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  • FK
    F K

    Immer wieder faszinierend: Man schickt das Militär aus, bestimmte Situationen zu richten - und dann wird sich darüber gewundert, wdaß auch geschossen wird.

     

    Deutschland hätte sich von Anfang an aus diesem Schwachsinn raushalten sollen.

     

    Allein von der Geschichte her wird dort eh kein Staat im amerikanischen/europäischen Sinne entstehen können.

  • A
    Andrea

    Beim den Interventionen in Bosnien und Kosovo, Krieger vor unserer haustür, wurde der Einsatz von Bodentruppen kathegorisch ausgeschlossen, trotz all der Katastrophen von Ort. Einen Bodenkrieg am Hindukush aber hält ein großer Teil der Deutschen für erforderlich oder für "ich-weiss-nicht".

    Welche sind eigentlich die Kriterien ob und wie wir Krieg führen?

  • VR
    von Richthofen

    Die USA übernehmen damit auch die militärische Kontrolle, deutsches Kommando hin oder her.

     

    Wie kann man sich selbst so lächerlich machen ?