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Kommentar KriegsentschädigungenKeine richterliche Weltpolitik

Christian Rath
Kommentar von Christian Rath

Zwar ist es keineswegs überzeugend, dass Regierungen Kriegsreparationen aushandeln. Doch ebenso wenig überzeugt es, wenn Gerichte diese festlegen.

D ie Wut der Opfer vieler deutscher Kriegsverbrechen ist verständlich. Auch wenn Deutschland große Entschädigungsleistungen erbracht hat, sind aus unterschiedlichen Gründen immer noch viele leer ausgegangen. Der Internationale Gerichtshof (IGH), der sich nun mit italienischen Entschädigungsurteilen befasste, fand manche Ausflucht "erstaunlich" und "bedauerlich".

Doch darum ging es bei dem Prozess in Den Haag nicht. Das Verfahren beschränkte sich auf die Frage, ob italienische Gerichte Deutschland zu Schadenersatz für die Opfer von Weltkriegsverbrechen verurteilen durften. Der IGH verneint dies. Das Prinzip der Staatenimmunität, wonach kein Staat über einen anderen zu Gericht sitzen darf, bleibt erhalten. Im Ergebnis zu Recht.

Zwar ist das traditionelle Prinzip, dass nach einem Krieg die Regierungen Reparationen aushandeln, keineswegs überzeugend. Oft kommen die Zahlungen nicht bei den Opfern an. Auch ist die Verhandlungsmacht der Staaten höchst unterschiedlich.

Bild: privat
CHRISTIAN RATH

ist rechtspolitischer Korrespondent der taz.

Doch ebenso wenig überzeugt es, wenn einzelne Gerichte nach persönlichem Gusto die Entschädigungszahlungen des ehemaligen Kriegsgegners festlegen. Das dürfte nur in den seltensten Fällen zur Konfliktlösung führen. Ist das Prinzip der Staatenimmunität durchbrochen, dann gilt das ja nicht nur für Klagen gegen Deutschland, die immer alle gut finden.

Auch nach jedem anderen Konflikt in der Welt könnten einzelne Gerichte große Politik betreiben. Man stelle sich nur vor, dass heimatvertriebene Sudetendeutsche später an ihrem neuen Wohnort bei einem bayerischen Landgericht Schadenersatz durch die CSSR verlangt hätten. Oder Opfer der Bombenangriffe von Dresden hätten bei deutschen Gerichten gegen die englische Regierung geklagt. Friedensforscher hätten das kaum empfohlen.

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Christian Rath
Rechtspolitischer Korrespondent
Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).
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4 Kommentare

 / 
  • KK
    Karl K

    Nachklapp :

     

    Was mich am Nichterwähnen der Aufforderung des IGH an die Bundesrepublik, Verhandlungen über Entschädigsleistungen aufzunehmen, in Ihrem Kommentar erbost, ist, dass Sie genauso gut wie ich wissen, daß so ein " obiter dictum"( eine Anmerkung außerhalb der tragenden Entscheidungsgründe) auch bei einem obersten Gericht eher ungewöhnlich ist.

    Das heißt, gerade deswegen hätte es von Ihnen geradezu zwingend erwähnt werden müssen.

     

    Letztlich drückt der IGH damit nämlich aus: wir wollen mehrheitlich das Immunitätsprinzip (jedenfalls jetzt noch)halten. Halten den derzeitigen Zustan aber für unerträglich. Um diesen Kompromiss im Senat zu erzielen, machen wir mit Autorität unseres Gerichts öffentlich, dass wir es für unabdingbar halten, dass die Bundesrepublik eine Verhandlungslösung herbeiführt.

     

    Werde mich nun aber Freunden darauf aufmerksam gemacht, dass Sie Ihren Kommentar wortgleich dem DuMontBlatt Kölner Stadtanzeiger erfolgreich angedient haben, so kriegt das alles ja doch mehr als ein Geschmäckle des 

    " unter den Teppich kehrens".

     

    Ich habe schon mal meiner Verwunderung Ausdruck verliehen, dass Sie in einem Gazette glauben schreiben zu müssen, daß mir in aller Deutlichkeit immer wieder zeigt, daß es von mir nicht gelesen werden möchte.

     

    Den Gefallen tu ich ihm. 

    Aber niemand ist gezwungen, bei Arisieren zu schreiben. Auch Sie sollten sich das Überlegen. Aber auf beiden Schultern tragen, ist noch niemanden auf Dauer bekommen.

  • KK
    Karl K

    Was ein seltsam blutleerer Kommentar.

     

    Grundtenor:

    " Ja, wo kommen wir denn da hin"!

     

    Ergo:

     

    "Das Prinzip der Staatenimmunität, wonach kein Staat über einen anderen zu Gericht sitzen darf, bleibt erhalten. Im Ergebnis zu Recht."

     

    Denn man stelle sich vor:

     

    "Opfer der Bombenangriffe von Dresden hätten bei deutschen Gerichten gegen die englische Regierung geklagt. Friedensforscher hätten das kaum empfohlen."

     

    Als Überlebender im Mutterleib dieses Bomber-Harris-Infernos hätte ich gegen ein Durchbrechen des Immunitätsprinzips in extremen Fällen von Kriegsverbrechen nicht viel einzuwenden.

     

    Anyway. Es findet sich dann folgender Satz:

     

     "Ist das Prinzip der Staatenimmunität durchbrochen, dann gilt das ja nicht nur für Klagen gegen Deutschland, " DIE IMMER ALLE GUT FINDEN".

     

    Hä? Die Bundesrepublik als Opfer ungerechtfertigter Klagen und Ansprüche? Geht's noch?

     

    Deshalb ? kein Wort im Kommentar zu: 

     

    "Die Richter forderten Deutschland allerdings ausdrücklich auf, mit Italien in neue Verhandlungen über Entschädigungen zu treten."

     

     Eben!

     

    Und die Chuzpe muß man erst mal haben 

    ".. das deutsche Kulturzentrum Villa Vigoni am Comer See von Italien mit einer Zwangshypothek (zu)versehen ... Aus dessen Versteigerungserlös sollten die Entschädigungszahlungen finanziert werden."

     

    So denn hier meine Bewunderung für den Rechtsanwalt Jo Lau, der mit anderen diese Prozesse geführt und die Tür für eine Verhandlungslösung offen gehalten hat.

     

    Naja, wer mal nach geplatzter Küchenkanzlei mit zwei Pferden über die Alpen gen Italien gezogen ist, der scheut zugunsten der Opfer deutscher Massaker eben auch nicht die Mühen der Ebene:"Die Hoffnung stirbt zuletzt".

     

    Jetzt ist die Bundesrepublik gefordert. 

    That's the point, Herr Rath!

  • EA
    Enzo Aduro

    Vor allem italienische Gerichte.

     

    Sie walten über ein rechtsstaatlich marodes Land, sind korrupt. Und sind auch von einem antideutschen Rassismus geleitet.

    * Der (deutsche) Thyssen Manager musste nach einem Werksunfall 10 Jahre hinter Gitter. In vielen ähnlichen Fällen wurden Italiener nur zu Bewärungsstrafen verurteilt.

     

    * Griechische 2. Weltkriegsopfer, welchen sogar in Griechenland aufgrund der Staatenimunität kein verfahren gegen Deutschland eröffnen konnten, haben in Italien erfolgreich geklagt. Daraufhin wurden die Ticketeinnahmen der deutschen Bahn gepfändet. Wer indies den Balkanfeldzug angefangen hat wurde seltsamerweise nicht erörtert.

     

    Und in dem konkreten Fall sollte sich Italien mal fragen warum es in Spanien keine Massaker der Wehrmacht gab. Vielleicht weil Franco nicht mit Hitler in den Krieg gezogen ist. Und vielleicht sollte man wissen das nicht nur die Tochter Mussolinis im Parlament sitzt, das nicht nur Mussolini von vielen Politikern und der Bevölkerung als gut befunden wird, sondern das auch überall in Italien Mussolini Ruhnen rumstehen.

     

    Also wer den Teufen umarmt, sollte sich nicht über die Hitze beschweren. Wenn die Kriegsopfer Geld wollen sollen sie sich an Rom wenden. Wir Deutschen sind ja auch nicht auf die lächerliche Idee gekommen unsere Invalidenrente von den Russen bezahlen zu lassen.

     

    Diese Ganze Klagerei gegen Deutschland, ob nun juristisch oder durch Selbstbemitleidung in der Öffentlichkeit ist Teil italienischer Geschichtsverfälschung. Sie soll nur davor ablenken auf welcher Seite Italien war.

  • D
    Dirk

    Danke, Herr Rath, für den überaus sachlichen Kommentar, welcher die Problematik auf den Punkt bringt!