piwik no script img

Kommentar Kreative MilieusSchöne neue Stadt

Kommentar von Sven-Michael Veit

Die Botschaft verheißt günstige Ateliers und erschwingliche Wohnungen, möglichst im Grünen und am Wasser, glückliche Kinder und Eltern, fröhliche Maler und Web-Designer - und zufriedene Investoren und Banker obendrein.

K raftvoll ist das Wortgebimmel, und doch übertönt es in diesem Fall keine inhaltliche Leere. Die jetzt vorgestellte Studie über kreative Milieus unterfüttert die Lehre, die Hamburg aus den Debatten um das Leben und Arbeiten in städtischen Räumen zu ziehen gedenkt: Die Stadt ist für die Menschen da, nicht umgekehrt. Das klingt fast zu schön, um wahr sein zu können.

Die monatelange Besetzung des Gängeviertels durch Künstler oder die Debatte um ein innerstädtisches Ikea-Möbelhaus haben für eine unerwartete Sensibilisierung in der öffentlichen Wahrnehmung gesorgt. Weit über Hamburg hinaus und gerade auch bei jenen, denen jahrelang Abreißen vor Weiterentwicklung ging.

Die neue Botschaft lautet, dass ziviler Ungehorsam und Kreativität Geschwister sind. Sie postuliert, dass Talente gefördert werden sollen, nicht geopfert, sie beharrt darauf, dass Identität unverkäuflich ist. Sie verheißt günstige Ateliers und erschwingliche Wohnungen, möglichst im Grünen und am Wasser, glückliche Kinder und Eltern, fröhliche Maler und Web-Designer - und zufriedene Investoren und Banker obendrein.

Plötzlich wollen alle eine Stadtentwicklung mit menschlichem Antlitz. Diese schöne neue Welt könnte einen schwindlig machen. Vollmundig ist das alles ja. Es fehlt aber noch der Nachweis der Nachhaltigkeit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Hamburg-Redakteur
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • E
    elbraun

    Es ist leider zu oberflächlich generalisierend, wenn herr veit hier von tatsächlich den selben motiven bei allen akteuren - senat und recht uf stadt-bündnis - ausgeht.

     

    Dieser Kommentar wischt die Zweifel, die in Gernot Knödlers Artikel durchkommen, gänzlich beiseite.

     

    Denn was meinen Sie mit NAchhaltigkeit hier? Stadtentwicklung für die Menschen- natürlich sagen da alle öffentlich zu ja. Aber gemessen werden Menschen in diesem FAll an ihren Taten und Motiven dafür - und dort ist längst nicht vom Standortdenken und Wettbewerbdogma Stadt-gegen-Stadt abgerückt worden. Die realen Auseinandersetzungen um die Stadt (die soziale Stadt für alle: vom Erwerbslosen, Flüchtling, prekarisiertem Geringverdiener bis zum Künstler) und das angestrebte Image von der platten "Wachsen mit Weitsicht"Kampagne oder den "Kreativen Milieu"-Studien liegen meilenweit auseinander.