Kommentar Korruption in Österreich: Vertuschen statt blamieren
Die österreichische Regierung stoppt einen Ausschuss, der Korruptionsfälle aufklären soll. Der politische Schaden dieser Entscheidung ist immens.
D er politische Flurschaden ist irreparabel. Was die österreichischen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP rund um die Fortsetzung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu einer Reihe von Korruptionsfällen aufführen, schadet nicht nur dem eigenen Ansehen, sondern dem der Politik insgesamt und dem wichtigsten Kontrollinstrument des Parlaments.
Aus Panik vor peinlichen Befragungen von Bundeskanzler Werner Faymann und anderen aktiven Politikern stoppen sie die Ermittlungsarbeit eines Ausschusses, dessen Wirken bislang fast ungeteiltes Lob fand. Er hatte nämlich seine Aufgabe ernst genommen und ein System politischer und ökonomischer Gefälligkeiten ans Licht gebracht, das als völlig normal betrachtet wurde.
Anders als in Deutschland ist die Einsetzung eines U-Ausschusses kein Minderheitenrecht, sondern bedarf der Zustimmung der Regierungsparteien. Deswegen wird nur wenig untersucht, wenn es um deren Verfehlungen geht. Kommt ein Ausschuss zustande, so versuchen die Oppositionsparteien, so viele Materien wie möglich hineinzupacken. Da wird es schon einmal unübersichtlich. Und das nachvollziehbare Bemühen der Opposition, die Regierungsparteien dunkler Machenschaften zu überführen, wird diesen als „Politshow“ oder „Inquisitionsgehabe“ angekreidet.
ist Korrespondent der taz in Wien.
Offenbar nimmt man bei SPÖ und ÖVP lieber jetzt den Imageschaden als Vertuscher in Kauf als möglichen Gesichtsverlust bei noch anstehenden Untersuchungen. Sie bauen darauf, dass der Ärger des Wahlvolks verflogen ist, wenn in einem Jahr zu den Urnen gerufen wird.
Wahrscheinlicher aber ist, dass empörte Stimmbürger politischen Freibeutern zugetrieben werden, wie dem Milliardär Frank Stronach, der schon auf 16 Prozent Zustimmung hoffen kann, bevor seine Partei noch formal gegründet ist. Und künftige Untersuchungsausschüsse werden von Anfang an unter dem Generalverdacht stehen, nur so lange zu ermitteln, wie es der Regierung passt.
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