Kommentar Kontrolle von Internetnutzern: Aus der Grauzone heraus

IP-Adressen von Internetnutzer sind sensible Daten. Sie dürfen allenfalls auf Basis einer eindeutigen gesetzlichen Regelung von Webseitenbetreibern gespeichert werden.

Wenn ich ins Internet gehe, habe ich heute die IP-Adresse 92.18.357.429 und morgen 93.20.723.473. Scheinbar gibt es kaum etwas Anonymeres als die IP-Adressen, die bei jedem Einwahlvorgang neu vergeben werden. Allerdings sind die Ziffern durchaus auch auf den realen Nutzer zurückführbar, also nicht völlig anonym. Deshalb wird zu Recht darüber gestritten, ob Webseitenbetreiber diese IP-Adressen für technische und administrative Zwecke speichern dürfen.

Innenminister Schäuble hat sich jetzt auf die Seite der Webseitenbetreiber geschlagen und will ihnen die Speicherung zumindest für technische Zwecke erlauben. So sollen zum Beispiel sogenannte Denial-of-Service-Attacken ausgebremst werden können. Dabei versuchen tausende fremdgesteuerte Rechner permanent auf eine bestimmte Internetseite zuzugreifen, um diese zu blockieren und zum Absturz zu bringen. So etwas will jeder Betreiber verhindern.

Faktisch wird sich durch das geplante Gesetz aber wenig ändern. Die meisten Internetangebote speichern heute schon die IP-Adressen ihrer Nutzer. Diese Praxis wird also nur aus der Grauzone geholt. Allerdings haben die Datenschützer recht, dass die eigentlich so abstrakt aussehenden IP-Adressen doch persönliche Daten sind. Zumindest die Polizei kann mithilfe der Internetprovider die IP-Adressen mit realen Namen zusammenführen. Dies darf sie zwar nur bei einem Verdacht im Einzelfall.

Doch für viele Menschen genügt schon diese Möglichkeit, um sich bei der Internetnutzung eingeschüchtert zu fühlen. Deshalb ist für die Speicherung der IP-Adressen zumindest eine gesetzliche Regelung erforderlich, über die vorher auch öffentlich diskutiert werden sollte. Einige Dutzend Webseiten haben schon erklärt, freiwillig auf jede Speicherung von IP-Adressen zu verzichten. Mal sehen, welchen Zulauf die Aktion "Wir speichern nicht" bekommt. Es macht zudem einen großen Unterschied, ob die IP-Adressen wenige Tage gespeichert werden oder monatelang. Letzteres muss zukünftig illegal sein.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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