Kommentar Kommunalwahlen in NRW: Stark nur noch in Koalition
Die SPD hat bei den Kommunalwahlen in NRW zwar das schlechteste Ergebniss erhalten, dennoch macht das rote Revier den Sozialdemokraten viel Hoffnung.
S ieg in Gelsenkirchen, die Revier-Metropole Essen zurückerobert, Dortmund, Bochum, Oberhausen, Mülheim, Herne, Bottrop gehalten: Ein solches Ergebnis haben viele Sozialdemokraten zwar erträumt, aber nicht erwartet. Mag die SPD bei den Kommunalwahlen in ihrem einstigen Stammland Nordrhein-Westfalen auch das schlechteste Ergebnis aller Zeiten hingelegt haben: Das rote Revier macht den Genossen viel, vielleicht sogar zu viel Hoffnung.
Denn wirkliche Wahlsiege hat die SPD nur in Essen und Gelsenkirchen eingefahren - in ehemaligen SPD-Hochburgen also, die bei der desaströsen Kommunalwahl 1999 an die CDU gingen. Und mit dem Sieg der Christdemokraten verschwand nicht nur der rote Filz, der sich nach Jahrzehnten der Alleinregierung in den Rathäusern breitgemacht hatte. Es folgte auch eine grundlegende personelle Erneuerung und die Aufstellung glaubwürdiger Kandidaten.
Gleichzeitig nutzte die CDU ihre Chancen nicht: An eine wirtschaftliche Erholung glauben selbst in Essen, wo der Strukturwandel weg von Kohle und Stahl hin zu innovativen Dienstleistungen viel weiter fortgeschritten ist als etwa in Bottrop oder Oberhausen, nur die wenigsten.
Doch genau dieser steckengebliebene Strukturwandel könnte auch den Genossen in Dortmund, Bochum, Bottrop und anderswo zum Stolperstein werden: Der Versuch der SPD, den Bergleuten eine Zukunft zu versprechen und so ihr Milieu zu stabilisieren, gilt selbst im Ruhrgebiet als Folklore.
Arbeitsplatzverluste drohen der SPD-Klientel ja auch bei Nokia und Opel. Mag das Revier auch strukturell sozialdemokratisch ticken: Der Verlust der absoluten Mehrheiten im Ruhrgebiet ist dauerhaft, der Zwang zu Koalitionen für die SPD selbst in ihrer "Herzkammer" unhintergehbar.
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