Kommentar Kombilohn: Alimente für Unternehmer
An der Realität wird die Schönheitsoperation Kombilohn nichts ändern. Er verschiebt bloß die Hartz-IV-Statistiken und sorgt vor allem für eins: Der Staat wird ausgebeutet.
Ulrike Herrmann ist Autorin für Wirtschaftspolitik in der taz.
Selten sind sich SPD und Union einig, aber vom Kombilohn für Geringverdiener sind beide Parteien begeistert. Es ist einfach zu verlockend, Hunderttausende von Niedriglöhnern mit ein wenig Zusatzgeld zu versorgen, damit sie endlich aus den Hartz-IV-Statistiken verschwinden. Es sieht einfach besser aus, wenn sie nicht mehr ergänzendes Arbeitslosengeld II beantragen müssen, sondern einen Zuschuss erhalten, der irgendwie anders heißt. Der Name ist noch geheim, aber "Beschäftigungspauschale" wäre doch ein nettes Wort. Klingt fast wie Pendlerpauschale.
An der Realität wird diese Schönheitsoperation nichts ändern. Staatliches Geld würde nur von einer Kasse in die andere wandern - und neu tituliert. Denn wir haben längst Kombilöhne, sie heißen nur nicht so. Da ist zum einen das ergänzende Arbeitslosengeld II, das von Unternehmen gern einkalkuliert wird, um ihren Angestellten Dumpinglöhne zu zahlen. Wenn das Gehalt nicht reicht, können sich die Beschäftigten ja an die Jobcenter wenden. Und da sind zum Zweiten die vielen Minijobs, die als Nebenbeschäftigung ausgeübt werden. Gegen eine Pauschale von 30 Prozent verzichtet der Staat auf Steuern und Sozialabgaben. Das ist ein Geschenk in Milliardenhöhe - erneut für die Unternehmer. Wenn Arbeitnehmer ihren Zusatzverdienst brutto wie netto kassieren dürfen, dann drückt das die Löhne.
Kombilöhne sind Subventionen für die Firmen, auch wenn sie in keinem Subventionsbericht der Regierung erscheinen. Noch schlimmer: Sie funktionieren völlig ungesteuert. Fast jeder Unternehmer kann profitieren, indem er Stellen splittet und Niedriglöhne zahlt. Den Schaden hat der Staat, der immer mehr Menschen alimentieren muss, obwohl sie beschäftigt sind. Gleichzeitig verdrängen die Mini- und Dumping-Jobs die sozialversicherungspflichtigen Stellen, die letztlich den gesamten Staat finanzieren. Ein Teufelskreis.
Wenn der Staat nicht weiter ausgeplündert werden soll, dann hilft nur noch der Mindestlohn. Noch sperrt sich die Union dagegen. Aber irgendwann wird sie einsehen müssen, dass sich Kombilöhne nur finanzieren lassen, wenn Dumpinglöhne ausgeschlossen sind.
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