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Kommentar Kölner StadtarchivSkandal ohne Ende

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Nicht nur das Langzeitgedächtnis der Domstadt wurde mit dem Einsturz des Stadtarchivs verschüttet, auch das Kurzzeitgedächtnis ihrer Bürger scheint deutlich gelitten zu haben.

M itten im Karneval muss sich Köln wieder mit einem Thema beschäftigen, das viele längst verdrängt hatten: dem Einsturz des Stadtarchivs. Immer offenkundiger wird, dass beim Bau der Kölner Nord-Süd-Bahn systematisch gepfuscht wurde. Nach dem Motto "Es hätt noch immer jot jejange" wurden städtische Sicherheitsauflagen ignoriert, Bauprotokolle gefälscht, stabilisierende Stahlelemente falsch oder gar nicht montiert, zu wenig Beton in Wände eingefüllt. Aus wirtschaftlichen Interessen wurden eingeführte Kontrollinstrumente nicht angewandt. Fast täglich bringen Journalisten neue skandalöse Details ans Tageslicht. Es grenzt an ein Wunder, dass nicht noch mehr passiert ist.

Nicht nur das Langzeitgedächtnis der Domstadt wurde mit dem Einsturz des Stadtarchivs verschüttet, auch das Kurzzeitgedächtnis ihrer Bürger scheint deutlich gelitten zu haben. Bis vor wenigen Tagen beschäftigten sie sich mehr mit dem Glasflaschenverbot während des Karnevals als mit den Ursachen des Unglücks am Waidmarkt. Knapp ein Jahr ziehen sich nun die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen hin - von der Öffentlichkeit lange Zeit weitgehend unbeachtet.

Das Unglück am Waidmarkt, bei dem zwei Menschen starben, war keine Naturkatastrophe. Es hätte verhindert werden können. Entscheidende Voraussetzung dafür wäre eine funktionierende Überwachung gewesen. Die aber wurde den Kölner Verkehrsbetrieben übertragen, das heißt: Der Bauherr überwachte sich selbst. Dieses immer noch zulässige Verfahren per Bundesratsinitiative endlich zu verunmöglichen, wie von den Grünen nach dem Einsturz gefordert, hat die schwarz-gelbe Mehrheit im Düsseldorfer Landtag abgelehnt. Nicht nur in Köln fehlt es an Lernfähigkeit.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.

3 Kommentare

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  • J
    JBM

    Genau, es gab drei Tote! Das Haus der Frau (Rentnerin) mit all ihren Habseligkeiten war ebenfalls eingestürzt - worauf sie sich das leben nahem.

     

    Ausserdem spricht heute auch keiner mehr davon, dass 2005 einige Meter vom Stadtarchiv ein Kirche beinahe eingestürzt war. Der Turm war eingesagt und drohte auf die Strasse zu stürzen. Er musste mit Stahl Stützen abgesichert werden. Mich wundert es ein wenig, dass davon heute keiner mehr redet/es in ALLEN Medien nicht erwähnt wird. Ist es denn in keiner Zeitung erschienen, aus der man in der Regel abschreibt?

  • A
    Amos

    Bauernopfer hat's ja schon gegeben und der Rest wird

    ausgehen wie das "Hornberger Schießen". Die Obrigkeits-Clique wird sich irgendwie da wieder heraus winden.

  • W
    WESS

    Man sollte den menschen nicht weiter erlauben sich maßlos betäuben zu lassen. nur so ist eine reform in allen ecken mölich danke

     

    florian wess aus köln

     

    p.S. es gab drei tot bei der archiv störung

     

    eine ältere dame brachte sich ums leben auf grund diese vorfalls das darf keiner vergessen

     

    auch die partei die linke hat auf ihrem neujahres empfang der opfer gedacht und allen mitgliedern in den kopf gerufen das klügel in köln keine zukunft haben darf.

     

    gott segne uns